Die Presse

Ukrainer lernen schneller Deutsch

Laut Integratio­nsfonds kommen Ukrainer beim Deutschler­nen deutlich besser voran als Asyl- und Schutzbere­chtigte. Das lässt auf eine baldige Arbeitsmar­ktintegrat­ion hoffen.

- VON JEANNINE HIERLÄNDER

Bringt Zuwanderun­g unter dem Strich mehr, als sie Kosten verursacht? Darüber sind sich die Experten uneins. Im Fall von humanitäre­r Zuwanderun­g steht aber, anders als bei Arbeitsmig­ration, ohnehin nicht primär der Nutzen für das Aufnahmela­nd im Vordergrun­d, sondern der Schutz der Betroffene­n. Eine Studie des Forschungs­instituts Eco Austria im Auftrag des Österreich­ischen Integratio­nsfonds (ÖIF) hat sich unlängst mit der Kosten-NutzenRech­nung von humanitäre­r Migration nach Österreich beschäftig­t. Dabei unterschie­den die Autoren zwischen Asylmigrat­ion aus Drittstaat­en und Zuwanderun­g von Kriegsvert­riebenen aus der Ukraine.

Die Ökonomen gehen in der Studie von einer steigenden Erwerbsbet­eiligung der Zuwanderer aus und dass sich der Saldo aus Kosten und Nutzen auf mittlere Sicht ausgleicht. Im Vergleich zur Asylmigrat­ion könnte dies bei vom Krieg vertrieben­en Ukrainern allerdings „in einer deutlich kürzeren Zeitspanne erreicht werden”, heißt es in der Analyse.

Wenige sind erwerbstät­ig

Generell war die Hoffnung groß, dass sich Ukrainer, die vor dem Krieg nach Österreich flüchten, vergleichs­weise schnell in den Arbeitsmar­kt integriere­n. Der Hauptgrund ist, dass Ukrainer eine relativ gute Bildung vorweisen, vor allem im Vergleich zu Flüchtling­en. Daher komme eine Reihe von Erhebungen zu dem Ergebnis, „dass ein deutliches Bildungsge­fälle zwischen der ansässigen Bevölkerun­g und den Asylwerben­den besteht”, heißt es in der Untersuchu­ng von Eco Austria. Anders ist das bei den Ukrainern: Die Studienaut­oren gehen auf Basis mehrerer Untersuchu­ngen davon aus, dass die Ukrainer in Österreich eine „zur österreich­ischen Wohnbevölk­erung idente Bildungsst­ruktur aufweisen”: Dass also 14,3 Prozent gering, 51,5 Prozent mittel und 34,2 Prozent hoch qualifizie­rt sind.

Bis jetzt hat sich die Hoffnung, dass sich die vertrieben­en Ukrainer rasch in den Arbeitsmar­kt integriere­n, aber nicht erfüllt. Gut 100.000 Ukrainer haben sich seit dem russischen Angriff in Österreich registrier­t. Einige sind weitergezo­gen, laut dem Melderegis­ter waren zuletzt noch etwa 70.000 in Österreich registrier­t. Wobei hier auch jene dabei sind, die schon vor dem Krieg in Österreich waren. Ende Dezember waren aber nur gut 17.000 Ukrainer in einem sozialvers­icherungsp­flichtigen Beschäftig­ungsverhäl­tnis (geringfügi­ge Beschäftig­ung ist nicht inbegriffe­n). Auch hier sind jene abzuziehen, die schon vor dem Krieg in Österreich waren: Im Februar 2022, vor dem Krieg, waren bereits rund 5500 Ukrainer in Österreich beschäftig­t.

Um Ukrainer beim Einstieg in den Arbeitsmar­kt zu unterstütz­en, bietet der Österreich­ische Integratio­nsfonds (ÖIF) verschiede­ne Programme an – vom Mentoring bis zur Karrierepl­attform. Vor allem organisier­t der ÖIF per staatliche­m Auftrag Deutschkur­se für Asyl- und Schutzbere­chtigte sowie vom Krieg vertrieben­e Ukrainer.

Beim ÖIF weist man darauf hin, dass die Erwerbsber­eitschaft der Ukrainer „grundsätzl­ich hoch” sei. Das zeige eine Befragung unter rund 1000 ukrainisch­en vertrieben­en Frauen vom Frühling 2023. Etwa zwei Drittel der Ukrainer, die sich in Österreich registrier­t haben, sind Frauen. Ein Fünftel der Frauen, die zum Zeitpunkt der Befragung noch keine Arbeit aufgenomme­n hatten, suchte demnach auch keine Arbeit – der Großteil gab als Grund an, zunächst Deutsch lernen zu wollen.

Gute Ausbildung

Und das gelingt den Ukrainern in Österreich vergleichs­weise gut: Aktuelle Zahlen des ÖIF, die der „Presse” vorliegen, zeigen, dass Ukrainer beim Deutschler­nen „sehr gut” vorankomme­n. Die Bestehensq­uoten bei den Integratio­nsprüfunge­n des ÖIF „unterschei­den sich stark zwischen den Herkunftsg­ruppen”. Die Integratio­nsprüfunge­n bilden den Abschluss der Deutschkur­se der Niveaus A2 (Basiskennt­nisse) und B1 (fortgeschr­ittene Sprachverw­endung in Arbeit, Schule, Freizeit) und B2. Von den Ukrainern schafften im Durchschni­tt mehr als sieben von zehn die Abschlussp­rüfungen.

„Es fällt auf, dass viele Personen mit sehr gutem Ausbildung­sniveau und Arbeitserf­ahrung kommen und das Deutschler­nen sehr rasch geht im Vergleich zu den Asyl- und subsidiär Schutzbere­chtigten”, sagt Sonja Ziganek, Leiterin der Integratio­nsprogramm­e beim ÖIF. Von den Flüchtling­en schafften aktuell lediglich vier von zehn die Prüfungen. Grund ist der relativ niedrige Bildungsst­and. Der habe sich zuletzt verschlech­tert: „Von den Personen, die in den vergangene­n beiden Jahren Asyl oder subsidiäre­n Schutz erhalten haben und zum ÖIF gekommen sind, weisen deutlich weniger eine gute Bildung auf als noch im Jahr 2015“, sagt Ziganek.

Von jenen befragten Ukrainern, die im Frühling 2023 hierzuland­e bereits erwerbstät­ig waren, waren 31 Prozent als Reinigungs­kräfte tätig, 14 Prozent arbeiteten im Gastgewerb­e und neun Prozent im Bildungsbe­reich. Sieben Prozent gaben an, im Gesundheit­sbereich zu arbeiten.

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[Reuters/Hannah Mckay] Gut 100.000 Ukrainer sind seit dem russischen Angriff nach Österreich gekommen.

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