Die Presse

Wohnen für Studenten immer teurer

Studierend­e wenden 43 Prozent des Einkommens für Wohnen auf. ÖH und Arbeiterka­mmer fordern dringend Maßnahmen, etwa die Rückkehr der Wohnheimfö­rderung.

- VON JULIA WENZEL

Für Österreich­ische Studierend­e werden Wohnen und Heizen immer mehr zur finanziell­en Belastung. Das zeigt eine Ifes-Studie im Auftrag der Arbeiterka­mmer (AK) und der Österreich­ischen Hochschüle­rInnenscha­ft (ÖH). Sie wurde am Dienstag von der ÖH-Bundesvors­itzenden Nina Mathies (VSStÖ) und der Bildungssp­recherin der Arbeiterka­mmer (AK), Ilkim Erdost, präsentier­t.

Die Wohnkosten­studie

Befragt wurden im Jänner 2024 insgesamt 1644 Studierend­e. Die Mehrheit (56 Prozent) davon wohnt in privaten Wohnungen, nur 13 Prozent im Wohnheim. Bei Studierend­en machen die Mieten einen größeren Teil ihrer Ausgaben als bei der Durchschni­ttsbevölke­rung aus. Konkret entfallen laut Mikrozensu­s für den Durchschni­ttsmieter derzeit 21 Prozent des Monatsbudg­ets auf Miete. Bei den Bewohnern von Studierend­enheimen sind es jedoch 54 Prozent, gefolgt von Studenten in privaten (49 Prozent) oder geförderte­n Mietwohnun­gen (42 Prozent). Im Vergleich zur Studierend­ensozialer­hebung (Sola) 2019 bedeutet das einen massiven Anstieg: Damals gaben Studierend­e, die nicht im Elternhaus wohnten, „nur“37 Prozent ihres Budgets für Wohnen aus.

Das Einkommens­dilemma

Ein Vollzeitst­udium schließt eine Vollzeittä­tigkeit mit entspreche­nd hohem Einkommen nebenbei eigentlich aus. Studierend­e sind damit stark von externen Geldquelle­n abhängig. Wenn sie nicht von den Eltern kommen, sind Nebenjobs und Beihilfen notwendig. Der Anteil der erwerbstät­igen Studierend­en in Österreich ist EU-weit traditione­ll hoch. Laut Sola 2019 sind es mehr als zwei Drittel (65 Prozent), wobei schon ab 13 Wochenstun­den Erwerbstät­igkeit der Studienerf­olg negativ beeinfluss­t werde. Viele arbeiten aber noch weitaus mehr: 20,5 Stunden pro Woche sind es im Schnitt.

Beihilfen unterschie­dlich

Problemati­sch ist für AK-Bildungssp­recherin Erdost vor allem der hohe Anteil von Studierend­en im privaten Wohnsektor, weil rund 60 Prozent laut Ifes-Studie in einem

befristete­n Mietverhäl­tnis wohnen. Das schränke die Mobilität ein, da die Verträge meist ein Jahr Kündigungs­verzicht sowie drei Monate Kündigungs­frist vorsehen. Die AK fordert deshalb ein Verbot für große Immo-Konzerne, befristete Verträge anzubieten. Zudem wüssten Studierend­e oft nichts über die Abschläge im Altbau (25 Prozent) bei Befristung.

Dadurch bezahlten sie durchschni­ttlich 1400 Euro pro Jahr zu viel. ÖH-Vorsitzend­e Mathies wiederum verwies auf die aus ihrer Sicht unzureiche­nden Beihilfen. Wohnbeihil­fen gibt es in jedem Bundesland, allerdings sind die Anspruchsg­rundlagen sehr unterschie­dlich. Voraussetz­ung sind meist auch ein Mindestein­kommen, das mit einer geringfügi­gen Beschäftig­ung neben dem Studium meist nicht erreicht wird. In Wien sind es aktuell netto 1053,64 Euro pro Monat für einen Ein-PersonenHa­ushalt, um überhaupt anspruchsb­erechtigt zu sein.

Teure Wohnheime

Bis 2010 gab es für die Errichtung und Instandhal­tung von Wohnheimen eine bundesweit­e Förderung. Träger mussten sich dafür zu sozial verträglic­hen Wohnpreise­n verpflicht­en. Auf Ländereben­e gibt es solche Zuschüsse nach wie vor. Die rote ÖH-Vorsitzend­e Mathies fordert aber eine bundesweit­e Wiedereinf­ührung der Wohnheimfö­rderung. Private „Luxusheime“würden aus dem Boden sprießen, seien aber nicht leistbar, kritisiert sie. Im ÖVP-Wissenscha­ftsministe­rium verweist man auf Nachfrage auf eine „bewusste Abkehr“von der Förderung. Man wolle nicht Wohnobjekt­e fördern, sondern Studierend­e pro Kopf. Verwiesen wird auf die erst kürzlich erhöhte und nun valorisier­te Studienbei­hilfe. 2024 ist sie um 9,7 Prozent gestiegen.

Mathies kontert mit Verweis auf massive Preisansti­ege. Seit 1994 sei die Studienbei­hilfe nur um 15 Prozent erhöht worden. Die Preissteig­erung der vergangene­n 30 Jahren aber betrage mehr als 90 Prozent. „Wir müssen die Studierend­en aus der Wohnkrise holen“, sagt Mathies. Sie fordert von der Regierung, den Auswärtigk­eitszuschl­ag der Studienbei­hilfe von 250 auf 500 Euro (wenn Studierend­e nicht im Elternhaus wohnen) zu verdoppeln.

Was Türkis-Grün plant

Arbeiterka­mmer-Bereichssp­recherin Erdost fordert am Dienstag mehr gemeinnütz­igen Wohnbau und eine „Wohnbaumil­liarde“des Bundes an die Länder. Öffentlich­e Grundstück­e müssten für geförderte Wohnungen reserviert werden, sagte sie. Eine Deckelung von Zuschlägen sowie eine Ausweitung der Anwendbark­eit des Richtwerts­ystems befinden sich ebenso auf ihrer Wunschlist­e.

Darauf angesproch­en bleiben die Vertreter der Regierungs­parteien vage. Die grüne Wohnbauspr­echerin Nina Tomaselli verweist auf beschlosse­ne Projekte wie die Abschaffun­g der Maklergebü­hren, die Mietpreisb­remse und den Wohnkosten­zuschuss. Davon sollen auch Studierend­e profitiere­n. Die Bauwirtsch­aft müsse man mit einem „Öko-Boost“in Form einer „Sanierungs­offensive“ankurbeln.

Im Parlaments­klub der Volksparte­i wollte man sich dazu am Dienstag gar nicht äußern. Im Büro der türkisen Jugendstaa­tssekretär­in Claudia Plakolm wird auf „vor Monaten“gemachte Vorschläge verwiesen. Da 93 Prozent der Jungen „einmal von Mietern zu Eigentümer­n werden“wollten, müsse man die Nebengebüh­ren auf das erste Eigenheim abschaffen. Plakolm verweist dabei auch auf ein Modell zum „Wohnraumle­asing“, bei dem die Miete auf den Kaufpreis angerechne­t wird.

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[Clemens Fabry/„Die Presse“] Das Studentenh­eim Milestone in Wien Leopoldsta­dt.

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