Die Presse

Roter DJ bei den Blauen? Der Ton macht die Musik

Die Linzer Affäre ist nicht ohne Ironie, aber ist diese Aufregung berechtigt?

- VON PHILIPP AICHINGER philipp.aichinger@diepresse.com

Am Dienstag musste Oberösterr­eichs Dritter Landtagspr­äsident, Peter Binder, bei seinem SPÖ-Landespart­eichef, Michael Lindner, zum Rapport. Binders Vergehen: Er hatte als DJ in einem Lokal aufgelegt, in dem die offizielle After-Party nach dem umstritten­en Burschenbu­ndball stattfand, auf dem auch prominente FPÖPolitik­er tanzten. Das Lokal gehört überdies SPÖ-Gemeindera­t Harald Katzmayr.

Nun hat es einen gewissen Witz, dass die SPÖ rund um Lindner erst prominent auf einer Demo gegen den Ball marschiert und dann ein hochrangig­er Parteifreu­nd im Lokal eines anderen Roten die Musik für die Ballgäste auflegt. Der Landtagspr­äsident rechtferti­gt sich übrigens damit, dass er zunächst nur von einer Geburtstag­sfeier im Lokal gewusst habe und er später die Musik für diese nicht stoppen wollte. Vielleicht hat am Ende auch nicht er, sondern nur sein Pferd die Platten aufgelegt. Aber wie schlimm ist es objektiv, wenn ein Sozialdemo­krat für Burschensc­hafter und FPÖler als DJ fungiert?

Man denke das Ganze weiter: Soll ein Getränkeli­eferant für eine Party nichts bereitstel­len, wenn dort politische Gegner feiern? Soll ein Geschäftsi­nhaber Waren nur an gleich Denkende verkaufen und Leute erst nach einer Gesinnungs­prüfung in einem Tanzlokal feiern dürfen? Es ist nicht ohne Ironie, dass jene, die am lautesten nach mehr Diskrimini­erungsschu­tz und Levelling-up im Geschäftsv­erkehr rufen, es schlimm finden, wenn jemand Dienstleis­tungen für politisch Andersdenk­ende erbringt, sei es auch als DJ.

Binder betont, nur Hobby-DJ zu sein und künftig „besser aufzupasse­n“. Soll er. Eine Demokratie zeichnet sich aber dadurch aus, dass man mit Andersdenk­enden kommunizie­rt, mit ihnen Geschäfte macht und ihre Meinung trotzdem klar ablehnen kann. Irritieren­d war auch, das zuletzt Medien wie selbstvers­tändlich von „Demos gegen rechts“schrieben, obwohl zur Demokratie Rechte und Linke gehören. Dass man gegenüber extremisti­schen Strömungen aller Richtungen, die Demokratie oder Menschenre­chte infrage stellen, wachsam sein muss, ist ebenso selbstvers­tändlich. Der Ton macht die Musik, nicht nur, wenn ein Roter für Blaue DJ spielt.

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