Lieferketten: Grüne machen Druck auf Kocher
Das geplante EU-Lieferkettengesetz sorgt nicht nur auf europäischer Ebene für Wirbel: Die Grünen fordern die ÖVP auf, dem Vorhaben zuzustimmen. Noch will sich der türkise Wirtschaftsminister aber nicht festlegen.
Nach monatelangen Verhandlungen einigten sich Rat, Parlament und Kommission im Dezember auf einen Kompromiss zum EU-Lieferkettengesetz. Die Idee dahinter: Mit dem Gesetz müssten Unternehmen ab einer bestimmten Größe künftig Verantwortung für ihnen vorgelagerte Produktionsschritte übernehmen, indem sie negative Auswirkungen auf Menschenrechte sowie Umwelt ermitteln und die Folgen beheben. Außerdem würden sie verpflichtet, die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards auch bei Partnerunternehmen in Drittländern zu überwachen.
Der Einigung müssen der Rat der EU-Mitgliedstaaten und das Parlament noch zustimmen. Dies gilt in der Regel als Formsache, die Abstimmung ist für diesen Freitag angesetzt. Doch auf europäischer Ebene spießt es sich, Deutschland will sich aufgrund der Bedenken der FDP nämlich der Stimme enthalten.
Veto-Wunsch aus Linz
Auch in Österreich spitzt sich die Angelegenheit zu – und sorgt für Debatten in der Regierung. Wirtschaftsminister Martin Kocher, dem letztlich die österreichische Entscheidung in der Abstimmung über das Lieferkettengesetz obliegt, hat sich nämlich noch nicht deklariert. Auf „Presse“-Anfrage wurde im Wirtschaftsressort erklärt, dass man den neuen Entwurf der geplanten Regelung erst noch prüfen müsse. Doch schon jetzt wird aus unterschiedlichen Richtungen Druck gemacht: Die schwarz-blaue Landesregierung aus Oberösterreich etwa richtete dem türkisen Minister aus, dass man gegen das Gesetz stimmen müsse. „Unsere Betriebe sind bereits jetzt mit teilweise gewaltigen bürokratischen Aufgaben belastet. Klein- wie Großbetriebe sollten sich jedoch vorrangig um ihr Kerngeschäft kümmern und nicht um Dokumentenpflege“, erklärten Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) und sein Vize, Manfred Haimbuchner (FPÖ).
Ganz anders der Koalitionspartner der Türkisen. Ginge es nach den Grünen, könne man dem Vorhaben sogleich zustimmen, erklärte Justizministerin Alma Zadić bereits im Jänner. Jetzt legen die Grünen nach: „Wenn sich Minister Kocher bei der Abstimmung enthält, öffnet er Tür und Tor für Kinderarbeit und lässt Umweltzerstörung zu“, sagt der Abgeordnete Michel Reimon zur „Presse“. Er verweist auf „Organisationen wie Greenpeace oder die Katholische Jungschar“, die ebenfalls für das Gesetz auftreten. Alles andere als eine Zustimmung würde bedeuten, „kleinen und mittelständischen Betrieben in den Rücken zu fallen“, so der Grüne. „Als Wirtschaftsminister muss sich Kocher an ihre Seite stellen und Konzernen, bei denen Sklavenarbeit und billige Rohstoffausbeutung an der Tagesordnung stehen, endlich Einhalt bieten“, fordert Reimon. (kk)