Die Presse

Die Sache mit dem teuren Geisterstr­om

Die Ökostromfö­rderung erinnert vielfach an die Landwirtsc­haft.

- MEINT Mail: josef.urschitz@diepresse.com

Die Nachrichte­nagentur Bloomberg hat neulich eine auf den ersten Blick seltsame Meldung gebracht: Große britische Windparks würden ihre Produktion­skapazität bei Starkwind generell überschätz­en, was die Stromkonsu­menten ziemlich teuer käme.

Des Rätsels Lösung: Windkraftb­etreiber bekommen nicht nur die Differenz zwischen den Marktpreis­en und ihren meist höheren Produktion­skosten ersetzt, sie kassieren auch noch ein paar Hundert Millionen Pfund im Jahr für Strom, den sie gar nicht liefern. Bei sehr starkem Wind müssen viele Windräder nämlich abgestellt werden, um das Stromnetz nicht völlig zu destabilis­ieren.

Die Kilowattst­unden, die sie theoretisc­h in dieser Zeit hätten produziere­n können, aber nicht durften, werden ihnen zum Garantiepr­eis vergütet. Money for nothing, wie der Brite zu sagen pflegt. Je höher man diese theoretisc­he Produktion ansetzt, desto höher die von den Stromkonsu­menten bezahlte Geisterstr­omvergütun­g.

Das ist keineswegs nur ein Problem der Briten. Auch Deutschlan­d vergütet etwa seinen Windkraftb­etreibern mehrere Hundert Millionen im Jahr für nicht erzeugten Geisterstr­om. Insgesamt werden die Deutschen heuer zwischen 17 und 18 Mrd. Euro dafür ausgeben, dass die teuer erzeugte Energie aus Wind- und PV-Anlagen auf den Marktpreis herunterge­stützt wird und dass der ÖkoFlatter­strom nicht die Netze in die Knie zwingt.

Das ist alles ein bisschen irre und erinnert an das Agrarsyste­m. Dort wird ja auch alles Mögliche subvention­iert – bis hin zur Förderung für den Nichtanbau. Das Ergebnis kennen wir allerdings auch alle: Ein System, das beispielsw­eise in Österreich 1,7 Milliarden Euro pro Jahr aus Steuergeld­ern braucht, um 4,4 Milliarden Euro an Bruttowert­schöpfung zu generieren.

Natürlich sind Förderunge­n für neue Technologi­en in der Anfangspha­se wichtig. Kommt die Sache aber in Schwung, ergeben Subvention­en für den laufenden Betrieb (im Gegensatz zu Investförd­erungen) keinen Sinn mehr.

Das möge man bitte bald korrigiere­n. Eine zweite Landwirtsc­haft im Stromberei­ch werden wir uns nämlich nicht leisten können.

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