Die Presse

UBS: Größere Bank, größeres Risiko

Die UBS verzeichne­t durch die Übernahme der Credit Suisse Rekorde. Die Neuaufstel­lung der Schweizer Aufsicht ist aber noch lang nicht abgeschlos­sen.

- VON SUSANNE BICKEL

Ein Rekordgewi­nn von 29 Milliarden Dollar stand in den Büchern, als Konzernche­f Sergio Ermotti am Dienstag die Jahreszahl­en der UBS präsentier­te. Im Jahr zuvor lag der Gewinn noch bei lediglich 7,6 Milliarden Dollar. Aber seither ist viel passiert. Denn der Großteil des Gewinns stammt aus der Übernahme der global systemrele­vanten Großbank, der Credit Suisse. Der Kaufpreis entsprach dabei nur einem Bruchteil des CreditSuis­se-Eigenkapit­als.

Die Erwartunge­n an die kommenden drei Jahre sind hoch. So lang dauere es, um die Großbank wieder stabil auszuricht­en, sagte Ermotti. „In der jetzt anstehende­n nächsten Phase der Integratio­n fokussiere­n wir uns darauf, das übernommen­e Geschäft zu restruktur­ieren und zu optimieren. Unser Weg in den nächsten drei Jahren wird nicht immer geradeaus führen, aber die Strategie ist klar.“

Bis 2026 sollen mit der Einverleib­ung der CS die Kosten um insgesamt 13 Milliarden Dollar gedrückt werden – im Herbst war dieses Ziel erst von acht auf zehn Milliarden angehoben worden. Das größte Einsparung­spotenzial gibt es beim Personal: Wie viele Stellen aber tatsächlic­h gestrichen werden, wollte das Finanzinst­itut nicht bekannt geben. Der Personalbe­stand der fusioniert­en Großbank ist seit der Rettungsak­tion im März um fast 10.000 Beschäftig­te gesunken.

Anfänge der Krise

Die Krise der Credit Suisse schwelte bereits, als Finanzmini­sterin Karin Keller-Sutter zum Jahreswech­sel 2022/23 ihr Amt antrat. Nur wenige Wochen nach Beginn ihrer Tätigkeit musste sie radikal in den Bankenplat­z eingreifen: Unter ihrer Federführu­ng übernahm die Konkurrent­in UBS die Großbank, und der Schweizer Bund sicherte im Gegenzug eine 109-Milliarden-Franken-Garantie zu. Dass es der Bank nicht gut ging, war bekannt. Wie schlecht es ihr tatsächlic­h ging, sorgte dennoch für allgemeine Verblüffun­g.

In der Woche vor der Übernahme seien jeden Tag rund zehn bis 17 Mrd. Schweizer Franken abgeflosse­n, sagte Keller-Sutter. Es war ein bis dahin noch nie da gewesener digitaler Bankrun. Nachdem der Großaktion­är Saudi National Bank am 15. März 2023 bekannt gab, nicht mehr investiere­n zu wollen, war das Todesurtei­l der Credit Suisse unterzeich­net.

Was die CS vor einem unkoordini­erten Insolvenzv­erfahren rettete, war lediglich das Wochenende. Die Märkte schlossen, und vor Eröffnung am Montagmorg­en wurde die Übernahme durch die UBS durchgefüh­rt. Am 19. März endete die 168-jährige Geschichte der Credit Suisse. Auch wenn der Untergang der CS bald ein Jahr zurücklieg­t, steht die Aufarbeitu­ng noch ganz am Anfang. „Die Regulierun­gsaktionen wurden noch nicht definiert. Der nächste große Meilenstei­n ist der Bericht des Bundesrats“, sagt Markus Staub, Retailleit­er der Schweizeri­schen Bankierver­einigung im Gespräch mit der „Presse“. Dabei soll festgestel­lt werden, wie Regulatore­n mit der Situation weiter umgehen. Denn die UBS ist mittlerwei­le „too big to fail“. Ihre Bilanzsumm­e übersteigt die

jährliche Wirtschaft­sleitung der Schweiz deutlich. Auch die juristisch­e Zusammenfü­hrung ist noch nicht vollzogen. Im Frühling soll der Bericht des Bundesrats fertig sein, und die Schweizer Regierung wird sich dazu äußern. Erwartet wird auch eine Erhöhung der Ressourcen für die Aufsichtsb­ehörde Finma. Denn gerät die UBS in finanziell­e Schieflage, ist eine Rettung wohl nicht mehr möglich.

Finanzkris­e wurde abgewehrt

Für die Bankierver­einigung ist dennoch klar: Das Eingreifen des Schweizer Staats war richtig. Andernfall­s hätte es nicht nur verheerend­e Folgen für die Volkswirts­chaft und den Schweizer Finanzplat­z gehabt, sagt Staub. Es hätte auch eine internatio­nale Finanzkris­e

ausgelöst. Diese blieb bekannterm­aßen aus. Und auch das Finanzzent­rum trug keinen Schaden davon: Im jüngst veröffentl­ichten Global Financial Centres Index landete Genf auf Platz zehn und Zürich auf Platz 18 der relevantes­ten Finanzzent­ren. Damit ist die Schweiz als einziges europäisch­es Land zweifach unter den Top 20 vertreten.

Auf dem Weg der Sanierung der angeschlag­enen Bank kann die UBS inzwischen erste Erfolge vorweisen: So trugen Millionäre und Milliardär­e früher als erwartet wieder neues Geld zur fusioniert­en CS. Dennoch waren die Analysten nicht zufrieden: Das Ergebnis des vierten Quartals 2023 habe in Bezug auf die Kosten enttäuscht, sagte Anke Reingen von RBC Capital Markets zu „Reuters“. An der Börse sanken die UBS-Aktien im Tagesverla­uf um knapp drei Prozent und waren damit der größte Verlierer im Schweizer Index SMI. Seit der angekündig­ten Übernahme hat die Aktie allerdings um 50 Prozent zugelegt und die europäisch­e Bankbranch­e damit hinter sich gelassen. Dennoch warnt Ermotti vor zu viel Euphorie: „2024 wird aus operativer Sicht ein entscheide­ndes Jahr.“

 ?? ?? Infolge der Übernahme kam der Schweizer Sergio Ermotti zu einer zweiten Amtszeit als Konzernche­f der UBS zurück.
Infolge der Übernahme kam der Schweizer Sergio Ermotti zu einer zweiten Amtszeit als Konzernche­f der UBS zurück.
 ?? ??
 ?? [Reuters/Denis Balibouse] ??
[Reuters/Denis Balibouse]

Newspapers in German

Newspapers from Austria