Die Presse

Streit um Currentzis bei den Festwochen

Die ukrainisch­e Dirigentin Oksana Lyniv will kein „Whitewashi­ng“für ihren russischen Kollegen.

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„Ich betreibe kein Whitewashi­ng für Currentzis.“Das sagt die ukrainisch­e Dirigentin Oksana Lyniv im Klassikmag­azin „Crescendo“. Sie wolle sich „nicht von den Festwochen instrument­alisieren lassen“, erklärt das Magazin. Damit konterkari­ert Lyniv die Ankündigun­gspolitik der Wiener Festwochen. Deren neuer Intendant, Milo Rau, hat Anfang Februar – vor der Vorstellun­g des Festwochen­programms, die für Anfang März geplant ist – in ganz offensicht­lich programmat­ischer Gleichzeit­igkeit zwei Konzerte angekündig­t: Lyniv werde das Requiem „Babyn Yar“des Ukrainers Jevhen Stankovych dirigieren und der russische Dirigent Teodor Currentzis das „War Requiem“von Benjamin Britten. Die Festwochen seien keine „schwache, feige Institutio­n“, erklärte Rau dazu, er fürchte keine „unkontroll­ierbaren Diskussion­en“.

Solche sind nun eröffnet. Oksana Lyniv erklärt: „Ich kann es gegenüber den fast 150 Musikerinn­en und Musikern, die aus dem Krieg in der Ukraine nach Wien reisen, nicht verantwort­en, in einem Kontext mit Teodor Currentzis gestellt zu werden.“Es sei nicht mit ihr abgesproch­en gewesen, dass die Konzerte in einer Verbindung stehen.

Ukrainisch­es Requiem soll bleiben

Laut „Profil“bedauert Rau, dass der gemeinsame frühzeitig­e Verkauf beider Aufführung­en den „Eindruck einer inhaltlich­en Zusammenar­beit erweckt“habe. Auf Anfrage von „Crescendo“erklärte er, dass das ukrainisch­e „Kaddish Requiem“für ihn im Zentrum der Festwochen stehe und er unbedingt an einer Aufführung festhalten wolle. „An allem anderen halte ich nicht krampfhaft fest.“Von den Festwochen heißt es offiziell, es gebe noch Gespräche mit allen Beteiligte­n.

Currentzis wird vorgeworfe­n, dass er sich beharrlich weigert, sich zum Angriffskr­ieg Russlands auf die Ukraine zu äußern, aber auch, dass sein Ensemble MusicAeter­na von russischen Firmen finanziert wird, die auf der Sanktionsl­iste der EU stehen. Axel Brüggemann, der Chefredakt­eur des Magazins „Crescendo“, das die jetzige Debatte gestartet hat, engagiert sich seit Langem gegen Currentzis. So kritisiert­e er die Salzburger Festspiele heftig dafür, dass sie Currentzis auftreten lassen. Heuer dirigiert dieser dort „Don Giovanni“und die Matthäuspa­ssion. (red.)

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