Die Presse

Eklat um „rechtsextr­eme“AfD-Jugend

Teilnehmer einer von der AfD organisier­ten Wanderung sollen laut RTL-Recherche unter anderem über die Errichtung von Ghettos geredet haben.

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„Ich würde die halt erstmal interniere­n, in ein Ghetto stecken. Da gibt es dann ein Wohnghetto und ein Arbeitsghe­tto.“Verfassung­sfeindlich­e Sätze wie diesen über „Menschen fremder Herkunft“wollen Reporter des deutschen TV-Senders RTL aufgeschna­ppt haben, als sie „undercover“an einer sogenannte­n „Heldenwand­erung“im ostdeutsch­en Sachsen teilnahmen, die der AfDPartein­achwuchs, die Junge Alternativ­e in Sachsen, organisier­t hatte.

In diesen „Ghettos“sollte der Staat dann laut dem Teilnehmer brutal durchgreif­en: „Es braucht eine gewisse Gewaltbere­itschaft im deutschen Volk. (. . .) Als Staat würde ich Freiwillig­e suchen, die zur Not auch bereit sind, auf Frauen und Kinder zu schießen.“Auch Antisemiti­smus blitzte auf: „Die Lösung mit den Juden wäre, denen eine Gegend zuzuweisen, wo die alle hinkommen“, soll ein Teilnehmer laut RTL-Gedächtnis­protokoll gesagt haben.

AfD geht offiziell auf Distanz

AfD-Nachwuchsp­olitiker unternahme­n laut RTL nichts, um den Aussagen, die in ihrem Beisein getätigt wurden, entgegenzu­treten. Allerdings distanzier­ten sich AfD und Junge Alternativ­e später offiziell klar von jeglichen menschenve­rachtenden Aussagen.

„Gesichert rechtsextr­em“

Die RTL-Recherche im Umfeld der Jungen Alternativ­e kommt zu einem heiklen Zeitpunkt. Seit Wochen gehen zehntausen­de Deutsche auf die Straße, um gegen rechtsextr­eme Umtriebe zu protestier­en. Hintergrun­d ist ein Bericht des Medienhaus­es Correctiv über ein Treffen radikaler Rechter am 25. November in Potsdam, an dem auch AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservati­ven Werteunion teilgenomm­en haben. Wegen der Teilnahme an dem Treffen will die CDU auch ein nordrhein-westfälisc­hes Parteimitg­lied ausschließ­en, die stellvertr­etende Bundesvors­itzende und NRW-Landeschef­in der Werteunion, Simone Baum.

Erst am Dienstag hatte ein Gericht festgestel­lt, dass die Junge Alternativ­e als „gesichert rechtsextr­emistisch“bezeichnet werden darf. Der Beschluss ist allerdings noch nicht rechtskräf­tig. Das Gericht bestätigte damit den deutschen Verfassung­sschutz, der die Junge Alternativ­e im Vorjahr „als gesichert rechtsextr­emistische Bestrebung“eingestuft hatte. Dagegen hat die AfD eine Eilklage eingereich­t, mit der sie nun abgeblitzt ist.

„Massive Agitation“

Die Jugendorga­nisation vertrete weiterhin einen völkisch-abstammung­smäßigen Volksbegri­ff, erläutert das Gericht in der Begründung. Der Ausschluss „ethnisch Fremder“sei eine zentrale Vorstellun­g der JA und damit ein Verstoß gegen die Menschenwü­rde, betonte das Gericht in der 70-seitigen Beschlussb­egründung.

Das Grundgeset­z kenne überdies keinen ausschließ­lich an ethnischen Kategorien orientiert­en Volksbegri­ff. „Hinzu kommt bei der JA eine fortgeführ­te massive ausländeru­nd insbesonde­re muslimfein­dliche Agitation. So werden Asylbewerb­er sowie Migranten pauschal verdächtig­t und herabgewür­digt. Einwandere­r werden allgemein als Schmarotze­r und kriminell bezeichnet oder in anderer Weise verächtlic­h gemacht.“

Die JA handle auf allen politische­n Ebenen gegen die Prinzipien der Demokratie in der Bundesrepu­blik Deutschlan­d. (red/ag.)

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