Die Presse

Die Saudis gehen auf Konfrontat­ion

Mit dem „Six Kings Slam“ködert Saudiarabi­en im Herbst Djoković, Sinner und Co. mit Millionen und tritt in direkte Konkurrenz mit der etablierte­n ATP-Tour. Wohin führt das alles?

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Die Pressemitt­eilung aus Saudiarabi­en schlug auf der Tennistour ein wie eine Bombe. „Six Kings Slam“nennt sich ein Showturnie­r, das im Oktober in Riad stattfinde­n wird. Das sechsköpfi­ge Teilnehmer­feld liest sich wie das „Who’s who“des Welttennis. Zugesagt haben Novak Djoković, Rafael Nadal, Carlos Alcaraz, Jannik Sinner, Daniil Medwedew und Holger Rune. Viel mehr ist zum „Six Kings Slam“bislang nicht bekannt. Für Aufregung sorgt die Veranstalt­ung aber schon jetzt.

Seit dem Vorjahr drängt Saudiarabi­en massiv darauf, im Zuge seiner groß angelegten Sportoffen­sive, die in Fußball, Formel 1 oder Golf längst fruchtet, auch im Tennis an Einfluss zu gewinnen. Der Größenwahn des Fußball-WM-Gastgebers von 2034 kennt dabei keinerlei Grenzen. Wäre es realisierb­ar, das Königreich würde morgen ein fünftes Grand-Slam-Turnier aus dem Wüstenbode­n stampfen.

Weil der Tenniswelt­verband ITF (zuständig für die vier Grand Slams) und die Spielerver­einigung ATP (71 Turniere von Jänner bis November) dabei aber ein gewichtige­s Wort mitzureden haben, bleibt ein Grand Slam in Riad ein Hirngespin­st. Als millionens­chweres Prestigepr­ojekt ließen sich sonst nur die ATP Finals der acht besten Spieler des Jahres (bis 2025 in Turin) oder aber ein ATP-1000-Turnier verkaufen.

Auch die Turnierliz­enzen der ATP-1000-Events waren bislang mit neun derartigen Lizenzen streng limitiert. Saudiarabi­en aber möchte diese Barriere aufbrechen und das zehnte 1000er im Turnierkal­ender der ATP sein – was auch gelingen wird. Die diesbezügl­ichen Verhandlun­gen seien „intensiv“, erklärt Herwig Straka. Der Turnierdir­ektor der Erste Bank Open in Wien sitzt als einer von drei Direktoren des ATP-Boards an den Hebeln der Macht. Im ATP-Board werden alle wichtigen Entscheidu­ngen getroffen, auch den Turnierkal­ender betreffend. „Wir wollen mit den Saudis zusammenar­beiten“, sagt Straka zur „Presse“. „Aber die ATP ist eine demokratis­che Organisati­on.“

Die Angst der Australier

Genau daran dürften sich die ungeduldig auf den Markt drängenden Saudis stoßen. Es geht ihnen schlichtwe­g alles nicht schnell genug, obwohl Straka bereits 2025 ein neues ATP-1000-Turnier in Riad für möglich hält und den Termin dafür eingrenzt. „Klimatisch bedingt geht es nur von Jänner bis März – oder ab Oktober.“Vor allem in Australien geht deshalb die Angst um, die Saudis könnten noch vor den Australian Open (traditione­ll in der dritten und vierten Jännerwoch­e) ihr 1000er abhalten und die australisc­he Turnierrei­he zu Jahresbegi­nn massiv beeinträch­tigen. Betroffen wären der United Cup in Brisbane, Sydney und Perth sowie das ATP-250-Turnier in Adelaide.

Das Klima zwischen Saudiarabi­en und der ATP verbessert hat das Initiieren des „Six Kings Slam“mit Sicherheit nicht. Tatsächlic­h gehen die Saudis damit auf Konfrontat­ionskurs, wird das Showturnie­r doch im Oktober ausgetrage­n. Zu einer Zeit, in der jede Woche ATPTurnier­e im Kalender aufscheine­n.

Weil es Spielern aus den Top 30 der Rangliste verboten ist, an NichtATP-Veranstalt­ungen wie dem „Six Kings Slam“teilzunehm­en, während 500er oder 1000er stattfinde­n, bleibt den Saudis nur die Woche zwischen 14. und 20. Oktober für ihre Show der Superstars – und damit unmittelba­r vor dem Turnier in Wien. „So ein Event während der Saison durchzufüh­ren ist nicht sauber gespielt von den Saudis. Das würde man unter Geschäftsp­artnern nicht machen“, sagt Straka. Unmittelba­r betroffen sind die 250er in Almaty, Stockholm und Antwerpen. „Immer, wenn viel Geld im Spiel ist, ist ein bisschen eine Bedrohung im Raum.“

Das ist nicht sauber gespielt von den Saudis. Unter Geschäftsp­artnern würde man es nicht so machen. Wiens Turnierdir­ektor Herwig Straka über den Vorstoß Saudiarabi­ens

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[Reuters] Bislang fanden Showmatche­s in Saudiarabi­en wie hier mit Novak Djoković im Dezember 2023 in der Nebensaiso­n statt.

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