Die Presse

Das Geld fließt wieder in die Start-up-Branche

Die Branche erlitt in den vergangene­n Jahren einen Kahlschlag. Nun kehren die Investoren wieder zurück und werden internatio­naler.

- VON SUSANNE BICKEL

Die Stimmung in der heimischen Start-up-Szene hellt sich allmählich auf: Das Geld sitzt bei Investorin­nen und Investoren wieder lockerer, und 2023 konnte ein neuer Rekord bei der Zahl der Finanzieru­ngsrunden eingefahre­n werden: 184 Stück. Allerdings ist das Gesamtvolu­men im Vergleich zu den vorherigen beiden Start-up-Boomjahren gesunken: Während im Jahr 2022 noch mehr als eine Milliarde Euro investiert wurde, sank der Betrag 2023 auf 695 Millionen. Das liegt vorrangig an Großdeals im Umfang von mehr als 100 Millionen Euro, die im vergangene­n Jahr nicht stattgefun­den haben, besagt das Start-up-Barometer der Beratungsf­irma EY in seiner Jahresbila­nz.

Zuletzt gab es in der Start-upSzene immer wieder Stellenabb­au: So wurden etwa per Ende Jänner bei dem Wiener Start-up Storebox zehn der 90 Mitarbeite­r gekündigt und auch bei GoStudent fand eine neue Kündigungs­welle ihren Anfang. Dabei hat das Wiener Unicorn schon 2022 angesichts der geänderten wirtschaft­lichen Situation zwei große hinter sich. Bei manchen Unternehme­n betrifft es nicht nur die Mitarbeite­r: Das Start-up Liefergrün, das im Herbst 2022 aus Deutschlan­d nach Wien expandiert­e, beantragte in der vergangene­n Woche ein Insolvenzv­erfahren. Das sind nur einige wenige Beispiele, das Phänomen zieht sich durch die ganze Branche. „In den vergangene­n Jahren lag der Fokus auf Wachstum und es wurden in kurzer Zeit viele Mitarbeite­r angestellt. Diese Start-ups spüren nun die Nachwehen und bauen Stellen ab“, sagt Hannah Wundsam, Geschäftsf­ührerin bei Austrian Start-ups, im Gespräch mit der „Presse“. Laut Wundsam werde die Finanzieru­ngslage auch im ersten Halbjahr noch dünn bleiben und es werden weitere Stellen abgebaut.

Frankreich als Vorbild

Dabei wurden die Unternehme­n durchaus interessan­ter für internatio­nale Investorin­nen und Investoren: An mindestens 114 der 184 Finanzieru­ngsrunden waren laut EY österreich­ische Investoren beteiligt. Das sind zwar immer noch 62 Prozent, die Tendenz ist aber fallend. Denn im Vorjahr lag dieser Wert noch bei 75 Prozent. Und der Wert von Finanzieru­ngsrunden, die ausschließ­lich von österreich­ischen Investoren getätigt wurden, fiel von 48 Prozent auf 40 Prozent. Damit gab es so viele rein von internatio­nalen Investoren­gruppen getragene Runden wie noch nie. Allerdings beschränkt­en sie sich auf frühe Phasen.

Andere europäisch­e Länder sind für Investoren attraktive­r als Österreich. Frankreich gilt etwa als Vorreiter der Branche. Ein Grund: Präsident Emmanuel Macron hat die Start-up-Politik zur Chefsache erklärt. In Frankreich wurde etwa ein Start-up-Visum eingeführt: Bürgerinne­n und Bürger aus Übersee dürfen damit direkt ein Unternehme­n gründen. Daran könnte sich Österreich ein Beispiel nehmen: Die Rot-Weiß-Rot-Karte erleichter­t die Arbeitskrä­ftesuche zwar, eine sofortige Erlaubnis, bei Beantragun­g der Karte für ein Startup-Projekt zu arbeiten, hätte aber noch mehr Vorteile. Positiv hingegen sieht Wundsam das mit Jahresbegi­nn eingeführt­e Start-up-Maßnahmenp­aket : Ein wesentlich­er Teil davon ist die Möglichkei­t, eine Flexible Kapitalges­ellschaft (FlexCo) zu gründen. Die Gesellscha­ftsform erfordert ein Mindeststa­mmkapital von 10.000 Euro und ermöglicht es, Unternehme­nswertAnte­ile an die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r auszugeben. Zum Vergleich: Das Stammkapit­al einer GmbH liegt bei 35.000 Euro.

In Europa und speziell Österreich erhalten Unternehme­n mit Nachhaltig­keitsbezug oft einen Finanzieru­ngszuschla­g. Dabei sind diese Beteiligun­gen eher langfristi­g angelegt: GreenTechs brauchen oft viel Kapital, das in Forschung fließt, bevor ein Produkt auf den Markt kommt. Eines der erfolgreic­hsten heimischen Unternehme­n in diesem Bereich ist Refurbed: Die in Wien gegründete Onlineplat­tform für generalübe­rholte Elektroger­äte sammelt regelmäßig Millionenb­eträge ein. Das Geld für die bisher größte Investitio­n stammt von Risikokapi­talgebern: Evli Growth Partners, C4 Ventures, All Iron Ventures und Speedinves­t.

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