Künstler Flatz verkauft seine tätowierte Haut
Der Provokationskünstler lässt seine Tattoos stückweise bei Christie’s versteigern. Geliefert wird posthum.
Der Aktionskünstler Wolfgang Flatz, ein gebürtiger Vorarlberger mit Wahlheimat München, ließ immer wieder mit seinen Kunstaktionen aufhorchen. 2010 inszenierte er sich in einer blutigen Performance mit dem Titel „Schuldig – nicht schuldig“als nackter Häftling, der die Stirn gegen eine Stahlwand schlug – wovon ihn die Besucher abhalten konnten. Auch anderswo verhandelte er – oft mit autoaggressiven Anordnungen und unter Einsatz des eigenen Körpers – Gruppenverhalten, Teilnahmslosigkeit, Verletzlichkeit und Voyeurismus: Er ließ sich etwa als menschliche Dartscheibe mit Pfeilen bewerfen (bis ein Zuschauer ihn traf ). Das Jahr 1991 läutete er im buchstäblichen Sinne ein, als menschlicher Glockenschwengel, bis zur Bewusstlosigkeit.
Es zeugt also von einer gewissen Kontinuität, wenn der 71-jährige Flatz seinen Körper nun ganz als Kunstobjekt anbietet – zumindest seine Haut: In München lässt Flatz am Donnerstag seine 13 Tätowierungen versteigern. „To Risk One’s Own Skin“nennt das durchführende Auktionshaus Christie’s die Benefizauktion. Unter den Losen sind plakative Sprüche wie „Mut tut gut“(auf Flatz’ Arm), ein buntes Wappen (auf dem Oberschenkel) oder Flatz großzügiges Rückentattoo mit dem Schriftzug „Physical Sculpture“.
„Flatz. Something Wrong with Physical Sculpture“heißt auch die Ausstellung in der Pinakothek der Moderne in München, die sich ab Freitag Flatz’ umfassendem Werk widmet. Zu sehen ist auch eine lebensgroße, nackte Puppe von Flatz mitsamt seinen Tätowierungen.
Vorerst gibt es ein Foto
Dies sei „das erste Mal, dass ein Künstler seinen echten Körper zu Lebzeiten als Kunstwerk verkauft“, schreibt das Auktionshaus Christie’s und bewirbt die Versteigerung als „Gelegenheit, ein bedeutsames Stück der Zukunft der Kunstgeschichte“zu erwerben. Wer einen Zuschlag erhält, muss sich freilich noch bis zur Auslieferung gedulden: Zunächst bekommen Käufer eine lebensgroße Schwarz-Weiß-Fotografie von Flatz’ Körper, auf der die ersteigerte Hautpartie farbig hervorgehoben ist. Das eigentliche Hautstück soll nach Flatz’ Tod abgetrennt, präpariert und hinter Glas gelegt werden. Bis dahin soll es dauern, hofft der Künstler: „Ich will 100 werden.“(kanu)