Wie es um die Pensionen steht
Immer weniger Erwerbstätige müssen immer mehr Pensionisten erhalten. Dennoch setzt Österreich auf die staatliche Pension. Die betriebliche und private Vorsorge ist relativ schwach ausgeprägt.
Die Kosten für die Alterssicherung steigen. Die Erwerbsbevölkerung schrumpft, die Zahl der Älteren wächst. Die arbeitende Bevölkerung muss also immer mehr Pensionisten erhalten. 2022 kamen auf eine Person über 65 Jahren noch drei Menschen im Alter von 20 bis 64 Jahren, bis 2060 wird sich das Verhältnis auf 1,8 reduziert haben.
2023 belief sich der Bundeszuschuss zu der gesetzlichen Pensionsversicherung auf 14 Milliarden Euro, dazu kamen 11,5 Milliarden Euro für die Beamtenpensionen. Der Fiskalrat sieht die Nachhaltigkeit des Systems wegen des Anstiegs demografiebedingter Kosten langfristig nicht gesichert. Und der Rechnungshof kritisierte im Herbst in einem vernichtenden Bericht die fehlende „Strategie zum künftigen Umgang mit dem Pensionsantrittsalter“.
Es besteht also Handlungsbedarf. Im türkis-grünen Regierungsprogramm kommt eine Pensionsreform aber nicht vor. Auch im „Österreich-Plan“von Bundeskanzler Karl Nehammer ist keine Reform der staatlichen Pensionen angedacht.
Private Vorsorge tut also not. Bei Bedarf auch verpflichtend, findet der Fachverband der Pensionskassen: Dessen Obmann, Andreas Zakostelsky, forderte unlängst die Einführung einer verpflichtenden betrieblichen
Zusatzpension. Aber wie ist es um die betriebliche und private Pensionsvorsorge in Österreich eigentlich bestellt? Ein Überblick.
Das Pensionssystem fußt auf drei Säulen: der gesetzlichen, der betrieblichen und der privaten Vorsorge. Im Sozialstaat Österreich setzt man auf die staatliche Pensionsversicherung. Laut einem aktuellen OECD-Bericht zu den Pensionen gehört Österreich zu den Ländern mit den höchsten Nettoersatzraten gemessen am Einkommen.
Die betriebliche Vorsorge
Die zweite Säule, also die betriebliche Pension, ist in Österreich im internationalen Vergleich schwach ausgeprägt. Laut Daten der Industrieländerorganisation OECD aus 2022 belief sich das Vermögen betrieblicher Pensionskassen in Österreich auf 6,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), in Schweden auf 98 und in der Schweiz auf 152 Prozent (siehe Grafik).
1,07 Millionen Menschen in Österreich hatten 2023 Anspruch auf eine Firmenpension, davon waren 145.800 bereits in Pension. Eine durchschnittliche Firmenpension betrug 421 Euro, 14 Mal im Jahr. Eine durchschnittliche Alterspension im ASVG (Arbeiter und Angestellte) lag 2023 bei 1686 Euro monatlich.
Etwas mehr Männer (54 Prozent) als Frauen haben eine Betriebspension. Laut
Angaben der Pensionskassen belief sich die Rendite im zehnjährigen Durchschnitt auf 3,39 Prozent pro Jahr. Zum Vergleich: Der österreichische Börsenleitindex ATX legte 2023 um neun Prozent zu, der US-Börsenindex S&P 500 stieg um 25 Prozent.
Laut Pensionskassen-Obmann Zakostelsky solle es für Unternehmen verpflichtend werden, eine Pensionskasse für ihre Mitarbeiter einzurichten. Denn das österreichische Pensionssystem stehe durch die demografische Entwicklung unter Druck. Die Ausgestaltung solle die Alterssicherungskommission übernehmen. Sie ressortiert zum Sozialministerium, ihr Vorsitz ist seit zwei Jahren vakant.
Andere Länder, darunter Schweden, Norwegen und die Schweiz, haben die zweite und die dritte Säule ausgebaut. Ingrid Korosec, stellvertretende Vorsitzende der Alterssicherungskommission, spricht sich für eine Stärkung der betrieblichen und privaten Pensionsvorsorge aus, allerdings auf freiwilliger Basis. „Es war und ist eine politische Grundsatzentscheidung, in Österreich das Pensionssystem auf die erste Säule, also auf die gesetzlichen Pensionen, zu fokussieren.“
Die private Vorsorge
Womit wir bei der dritten Säule wären, der privaten Altersvorsorge. Das ist jede Form von privater Geldanlage, die für ein besseres Auskommen im Alter sorgen soll: von Aktien
bis zum Sparbuch (wobei das real keine Rendite abwirft).
2003 unternahm die Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) mit dem damaligen Finanzminister, KarlHeinz Grasser, den Versuch, die private Vorsorge zu stärken – mit der staatlich geförderten „Zukunftsvorsorge“. Von 2005 bis zum Höhepunkt im Jahr 2012 stieg die Zahl der Verträge jährlich an, seither geht das Interesse zurück.
2022 gab es laut Finanzmarktaufsicht (FMA) noch 903.000 aufrechte Verträge, bei einem verwalteten Vermögen von 8,54 Milliarden Euro. „Trotz geringen Neugeschäfts gehen die eingenommenen Prämien nur langsam zurück, da die Prämien aus langfristigen Verträgen weiterhin eingezahlt werden“, heißt es im FMA-Bericht.
Forderung nach Kapitalgarantie
Bei der Zukunftsvorsorge müssen 100 Prozent des Kapitals und die staatliche Förderung garantiert sein – der Kunde muss zumindest die eingezahlten Beträge auch wieder herausbekommen. Dazu gibt es einen Mindestanteil für Aktien – ursprünglich lag er bei 40 Prozent, mittlerweile liegt er bei 15 bis 60 Prozent (bis 50 Jahre) bzw fünf bis 50 Prozent (danach). Zumindest 60 Prozent müssen in Österreich oder in vergleichbaren Aktienmärkten investiert werden. Die Wiener Städtische, der größte Anbieter, investiert „am unteren Ende der Bandbreite“in Aktienfonds.
Die Kombination aus Kapitalgarantie und Mindestaktienquote in Österreich führte dazu, dass die Zukunftsvorsorge für die Kunden kaum Gewinne brachte. Das erklärt das schwindende Interesse und auch, warum sich die Kapitalgesellschaften aus dem Markt zurückgezogen haben. Außerdem wurde die staatliche Förderung reduziert: Sie liegt 2024 bei 4,25 Prozent des eingezahlten Kapitals und bei maximal 142 Euro im Jahr. Die Versicherungsbranche fordert, dass die Kapitalgarantie auf 70 Prozent reduziert wird, damit eine ertragreichere Anlage möglich wird.
Die Zukunftsvorsorge ist freilich nur eine Möglichkeit, privat vorzusorgen. Man kann auch klassisch in Lebensversicherungen oder in Vorsorgeimmobilien, Aktien, Indexfonds oder sonstigen Wertpapieren anlegen. Laut Aktienbarometer der Wiener Börse besaßen zuletzt aber nur 25 Prozent der Menschen in Österreich Wertpapiere. In den USA, wo die Kapitalmarktorientierung stärker ist, haben 58 Prozent der Bevölkerung Aktien besessen.