Bei der Pension nur auf die staatliche Karte zu setzen ist riskant
Bei den Pensionen wird vor allem über – notwendige – Reformen im staatlichen System diskutiert. Auf die private Vorsorge wird dabei oft vergessen.
Vor zwei Wochen startete Bundeskanzler Karl Nehammer den Wahlkampf mit der Vorstellung seines „ÖsterreichPlans“. Das 82 Seiten starke Papier legt dabei in Form von Steuersenkungen einen durchaus erfreulichen Fokus auf die Wirtschaftspolitik. Das wurde wegen des – weniger erfreulichen – Fehlens von Ideen für die Gegenfinanzierung seither auch intensiv diskutiert. Kaum Thema war bisher allerdings, was in dem Plan zum Thema Vorsorge enthalten ist.
Denn auch dieser Punkt kommt im De-facto-Wahlprogramm der Kanzlerpartei vor. Wenngleich auch mit etwas überraschenden Inhalten. So will die ÖVP die Abschaffung der Kapitalertragsteuer bei Sparbüchern bis zu einem Betrag von 100.000 Euro. Eine Forderung, die bei vielen Österreichern sicherlich sehr populär ist. Eine optimale Zukunftsvorsorge sieht aber anders aus. Denn trotz der zuletzt stark angestiegenen Zinsen, die sich mittlerweile auch zumindest in gebundenen Spareinlagen wiederfinden, sind die Realzinsen (also mit gegengerechneter Inflation) in Österreich nach wie vor mit über einem Prozent negativ. Rund 20 Milliarden Euro verlieren die heimischen Haushalte dadurch jedes Jahr an Kaufkraft, weil sie ihr Geld auf Konten oder schlecht verzinsten Sparbüchern liegen lassen.
Wer langfristig – etwa für die Pension vorsorgen will – muss auf den Kapitalmarkt gehen. Nur dort können jene Renditen erwirtschaftet werden, mit denen eine dauerhafte Verzinsung über der Inflation möglich ist. Auch hier ist ein Punkt im „Österreich-Plan“enthalten, der bei manchen für ein Déjà-vu sorgen dürfte. So will die größere der beiden Regierungsparteien die Wiedereinführung einer Behaltefrist, ab der Erträge aus Wertpapieren von der Kapitalertragsteuer befreit sind.
Genau dieser Satz wurde bereits vor knapp fünf Jahren in einem anderen Papier niedergeschrieben: im Regierungsprogramm der türkis-grünen Regierung für die laufende Legislaturperiode. Passiert ist seither aber nichts. Zwar versucht Finanzminister Magnus Brunner regelmäßig einen Vorstoß, scheitert dabei allerdings ebenso regelmäßig am Koalitionspartner. Die Schuld an dieser Situation nun einzig auf das grüne Njet zu schieben wäre allerdings auch zu einfach. So ist es ja ihrerseits die ÖVP, die bei wichtigen grünen Projekten – Stichwort Klimaschutzgesetz – fest auf der Bremse steht und so zur gegenseitigen Blockadehaltung beiträgt.
Inhaltlich ist die Ablehnung der Grünen für eine steuerliche Begünstigung einer langfristigen Kapitalmarktanlage aber grundsätzlich falsch. Denn sie wird damit argumentiert, dass davon vor allem Besserverdiener profitieren würden. Ein Blick über die Grenzen zeigt jedoch, dass dem nicht so sein muss. So liegt die Zahl der Wertpapierbesitzer in Österreich zwar nur bei 25 Prozent (die Zahl der direkten Aktionäre ist sogar lediglich im einstelligen Bereich zu finden). In den USA liegt diese aber bei fast 60 Prozent. Und auch Länder wie Schweden oder die Niederlande haben ähnliche Werte. Gerade für weniger Begüterte kann es zudem besonders interessant sein, ihre langfristige Vorsorge dort zu investieren, wo sie Erträge über der Inflation erhalten.
Natürlich müssen dabei die üblichen Börsenregeln hinsichtlich breiter Diversifizierung und des rechtzeitigen Ausstiegs aus dem Kapitalmarkt vor dem Pensionsantritt befolgt werden. Denn nur so können auch die üblichen Rücksetzer an der Börse gut verkraftet werden. Die in Österreich beliebte Gleichsetzung von Kapitalmarkt mit einem Casino ist aber natürlich Unsinn.
Der Druck auf das staatliche Pensionssystem wird in den nächsten Jahrzehnten jedenfalls steigen. Kommen derzeit etwa 50 Pensionisten auf 100 Erwerbstätige, wird diese Zahl bis 2060 auf über 70 ansteigen. Das wird definitiv zu einem späteren Antrittsalter führen, eventuell aber auch zu geringeren Pensionshöhen. Jeder ist daher gut beraten, sich nicht ausschließlich auf das staatliche System zu verlassen.
Und die Politik sollte angesichts des bevorstehenden Wahlkampfs nicht immer nur mit den „sicheren Pensionen“werben. Sondern endlich auch Maßnahmen umsetzen, die es erleichtern, sich selbst etwas anzusparen.