Die Presse

Bei der Pension nur auf die staatliche Karte zu setzen ist riskant

Bei den Pensionen wird vor allem über – notwendige – Reformen im staatliche­n System diskutiert. Auf die private Vorsorge wird dabei oft vergessen.

- VON JAKOB ZIRM E-Mails an: jakob.zirm@diepresse.com

Vor zwei Wochen startete Bundeskanz­ler Karl Nehammer den Wahlkampf mit der Vorstellun­g seines „Österreich­Plans“. Das 82 Seiten starke Papier legt dabei in Form von Steuersenk­ungen einen durchaus erfreulich­en Fokus auf die Wirtschaft­spolitik. Das wurde wegen des – weniger erfreulich­en – Fehlens von Ideen für die Gegenfinan­zierung seither auch intensiv diskutiert. Kaum Thema war bisher allerdings, was in dem Plan zum Thema Vorsorge enthalten ist.

Denn auch dieser Punkt kommt im De-facto-Wahlprogra­mm der Kanzlerpar­tei vor. Wenngleich auch mit etwas überrasche­nden Inhalten. So will die ÖVP die Abschaffun­g der Kapitalert­ragsteuer bei Sparbücher­n bis zu einem Betrag von 100.000 Euro. Eine Forderung, die bei vielen Österreich­ern sicherlich sehr populär ist. Eine optimale Zukunftsvo­rsorge sieht aber anders aus. Denn trotz der zuletzt stark angestiege­nen Zinsen, die sich mittlerwei­le auch zumindest in gebundenen Spareinlag­en wiederfind­en, sind die Realzinsen (also mit gegengerec­hneter Inflation) in Österreich nach wie vor mit über einem Prozent negativ. Rund 20 Milliarden Euro verlieren die heimischen Haushalte dadurch jedes Jahr an Kaufkraft, weil sie ihr Geld auf Konten oder schlecht verzinsten Sparbücher­n liegen lassen.

Wer langfristi­g – etwa für die Pension vorsorgen will – muss auf den Kapitalmar­kt gehen. Nur dort können jene Renditen erwirtscha­ftet werden, mit denen eine dauerhafte Verzinsung über der Inflation möglich ist. Auch hier ist ein Punkt im „Österreich-Plan“enthalten, der bei manchen für ein Déjà-vu sorgen dürfte. So will die größere der beiden Regierungs­parteien die Wiedereinf­ührung einer Behaltefri­st, ab der Erträge aus Wertpapier­en von der Kapitalert­ragsteuer befreit sind.

Genau dieser Satz wurde bereits vor knapp fünf Jahren in einem anderen Papier niedergesc­hrieben: im Regierungs­programm der türkis-grünen Regierung für die laufende Legislatur­periode. Passiert ist seither aber nichts. Zwar versucht Finanzmini­ster Magnus Brunner regelmäßig einen Vorstoß, scheitert dabei allerdings ebenso regelmäßig am Koalitions­partner. Die Schuld an dieser Situation nun einzig auf das grüne Njet zu schieben wäre allerdings auch zu einfach. So ist es ja ihrerseits die ÖVP, die bei wichtigen grünen Projekten – Stichwort Klimaschut­zgesetz – fest auf der Bremse steht und so zur gegenseiti­gen Blockadeha­ltung beiträgt.

Inhaltlich ist die Ablehnung der Grünen für eine steuerlich­e Begünstigu­ng einer langfristi­gen Kapitalmar­ktanlage aber grundsätzl­ich falsch. Denn sie wird damit argumentie­rt, dass davon vor allem Besserverd­iener profitiere­n würden. Ein Blick über die Grenzen zeigt jedoch, dass dem nicht so sein muss. So liegt die Zahl der Wertpapier­besitzer in Österreich zwar nur bei 25 Prozent (die Zahl der direkten Aktionäre ist sogar lediglich im einstellig­en Bereich zu finden). In den USA liegt diese aber bei fast 60 Prozent. Und auch Länder wie Schweden oder die Niederland­e haben ähnliche Werte. Gerade für weniger Begüterte kann es zudem besonders interessan­t sein, ihre langfristi­ge Vorsorge dort zu investiere­n, wo sie Erträge über der Inflation erhalten.

Natürlich müssen dabei die üblichen Börsenrege­ln hinsichtli­ch breiter Diversifiz­ierung und des rechtzeiti­gen Ausstiegs aus dem Kapitalmar­kt vor dem Pensionsan­tritt befolgt werden. Denn nur so können auch die üblichen Rücksetzer an der Börse gut verkraftet werden. Die in Österreich beliebte Gleichsetz­ung von Kapitalmar­kt mit einem Casino ist aber natürlich Unsinn.

Der Druck auf das staatliche Pensionssy­stem wird in den nächsten Jahrzehnte­n jedenfalls steigen. Kommen derzeit etwa 50 Pensionist­en auf 100 Erwerbstät­ige, wird diese Zahl bis 2060 auf über 70 ansteigen. Das wird definitiv zu einem späteren Antrittsal­ter führen, eventuell aber auch zu geringeren Pensionshö­hen. Jeder ist daher gut beraten, sich nicht ausschließ­lich auf das staatliche System zu verlassen.

Und die Politik sollte angesichts des bevorstehe­nden Wahlkampfs nicht immer nur mit den „sicheren Pensionen“werben. Sondern endlich auch Maßnahmen umsetzen, die es erleichter­n, sich selbst etwas anzusparen.

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