Putin lässt Rivalen Nadeschdin nicht antreten
15 Prozent der Unterstützungsunterschriften des Oppositionskandidaten Boris Nadeschdin für die Präsidentenwahl wurden als „fehlerhaft“aberkannt. Nadeschdin hat Russlands Krieg in der Ukraine scharf kritisiert.
Die Wahlbehörde hat entschieden: Boris Nadeschdin, stärkster Gegner von Amtsinhaber Wladimir Putin, wird nicht als Kandidat zur Präsidentenwahl in Russland zugelassen. „Ich bin mit der Entscheidung der Kommission nicht einverstanden“, zeigte sich Nadeschdin auf Telegram sogleich kampfbereit. „Die Teilnahme an der Präsidentschaftswahl 2024 ist die wichtigste politische Entscheidung meines Lebens.“Daher werde er nicht von seinem Vorhaben abrücken. „Ich werde die Entscheidung der Wahlkommission beim Obersten Gericht anfechten.“
Bereits vor einigen Tagen gab Nadeschdin bekannt, dass die Wahlkommission 15 Prozent der von ihm eingereichten Unterschriften – insgesamt dürften es 105.000 gewesen sein – als ungültig erklärt hatte. Die zulässige Fehlerquote liegt bei fünf Prozent. Doch bei den angeblichen Fehlern, so Nadeschdin, handle es sich beispielsweise um Tippfehler, die bei der Übertragung auf den Computer entstanden seien. Beobachtern zufolge hat Nadeschdin
so gut wie keine Chance, vor dem Obersten Gericht recht zu bekommen.
Frieden mit der Ukraine
Damit Nadeschdin kandidieren kann, standen Menschen in ganz Russland Schlange, um ihre Unterschrift abzugeben – mit Klarnamen und Wohnadresse. Mehr als 200.000 sollen zusammengekommen sein, offiziell gefordert sind 100.000 Unterschriften aus mindestens 40 Regionen. Zuvor hatte Nadeschdin – der langjährige Oppositionspolitiker ist Physiker und Jurist – scharfe Kritik an der Regierung geübt, an der „speziellen Militäroperation“, wie der Angriffskrieg auf die Ukraine bezeichnet wird, sowie an der Aufrüstung. Der Krieg müsse beendet und mit der Ukraine müssten Friedensverhandlungen aufgenommen werden, sagte Nadeschdin. Als demokratischer Kandidat wolle er nach dem Sieg politische Gefangene wie Alexej Nawalny und Wladimir Kara-Mursa freilassen – und fortan faire und direkte Wahlen sicherstellen.
Es gilt als offenes Geheimnis, dass bei der Zulassung zur Kandidatur nicht die Wahlkommission das letzte Wort hat, sondern der Kreml. Für Wladimir Putin soll seine Wiederwahl reibungslos ablaufen, daher hat die Kommission bereits einige Kandidaten wegen „gefälschter“oder „ungültiger“Unterschriften ausgeschlossen.
Davon betroffen war beispielsweise die Journalistin und Politikerin Jekaterina Dunzowa. Auch sie hatte sich öffentlich gegen den autoritären Kremlchef sowie den Krieg gegen die Ukraine gestellt. Dunzowas Ausschluss dürfte Nadeschdin noch mehr Unterstützung beschert haben.
Mehr noch: Russlands für gewöhnlich zersplitterte Opposition, von Nawalny bis hin zum im Exil lebenden früheren Oligarchen Michail Chodorkowski, hatte sich hinter Nadeschdin gestellt. Sie erklärte, den 60-Jährigen zu unterstützen sei ein legaler und sicherer Weg, gegen den Kreml zu protestieren.
Putin, der „Unabhängige“
Putin selbst hatte im Dezember seine Kandidatur für eine fünfte Amtszeit als Präsident angekündigt. Die Wiederwahl des 71-Jährigen gilt als sicher. Er will als Unabhängiger und nicht als Kandidat der Regierungspartei Einiges Russland antreten – angeblich hat er bereits mehr als 3,5 Millionen Unterschriften für seine Kandidatur gesammelt.
Seit mehr als 20 Jahren lenkt Putin nun bereits die Geschicke Russlands. In dieser Zeit wurden alle seine ernsthaften politischen Gegner inhaftiert oder ins Exil gezwungen. Die Bürgerrechte werden mithilfe der Behörden unterdrückt. (ag./red.)