Lieferkettengesetz entzweit ÖVP und Grüne
Mit der von der ÖVP angekündigten Enthaltung bei einer EU-Abstimmung wird laut Grünen „Kinderarbeit Tür und Tor geöffnet“.
Eigentlich spielt sich die heftige Auseinandersetzung um das geplante EULieferkettengesetz auf der europäischen Ebene ab, Österreichs Positionierung dürfte dabei zudem nicht entscheidend sein – und doch löste der nach monatelangen Verhandlungen von Rat, Parlament und Kommission vorgelegte Kompromiss einen Streit in der österreichischen Bundesregierung aus.
Worum es geht: Am heutigen Freitag wird unter den EU-Mitgliedstaaten über das Vorhaben abgestimmt, durch das Unternehmen ab einer bestimmten Größe künftig Verantwortung für ihre vorgelagerten Produktionsschritte übernehmen müssen, indem sie negative Auswirkungen auf Menschenrechte sowie Umwelt ermitteln und die Folgen beheben. Außerdem würden sie verpflichtet, die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards auch bei Partnerunternehmen in Drittländern zu überwachen.
Deutschland kündigte diese Woche an, sich der Stimme zu enthalten. Und weil die Grünen fürchteten, dass die in der österreichischen Entscheidung maßgebliche ÖVP – zuständig ist das Wirtschaftsministerium Martin Kochers – ebenfalls gegen das Lieferkettengesetz
auftritt, wurde schon vor Tagen Druck auf Kocher aufgebaut. „Wenn sich Minister Kocher bei der Abstimmung enthält, öffnet er Tür und Tor für Kinderarbeit und lässt Umweltzerstörung zu“, sagte der Abgeordnete Michel Reimon zur „Presse“.
Danach erklärte Kocher, dass er sich tatsächlich enthalten will – und erntet nun Kritik dafür. „Stimmen Sie diesem Kompromiss unbedingt zu“, richtete ihm etwa Oberösterreichs Arbeiterkammer-Chef, Andreas Stangl, aus. Von SPÖ-Mandatar Jörg Leichtfried hieß es: „Ich fordere ein klares österreichisches Bekenntnis zum EU-Lieferkettengesetz und insbesondere Wirtschaftsminister Kocher auf, diesem Gesetz zuzustimmen und sich nicht der Stimme zu enthalten.“Die Grünen verlangen, dass Kocher „im Sinne der Interessen der überwiegenden Mehrheit der Unternehmen seine angekündigte Enthaltung bei der Abstimmung zum Lieferkettengesetz noch einmal überdenkt“.
Zufrieden sind indes Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung mit der Enthaltung. Sie hatten zuvor vor einer Überregulierung gewarnt, die den Firmen nicht aufgebürdet werden könne. (kk)