Mehr Arbeit durch Inforecht und ORF-Gegner bei Gericht
Judikatur. Der neue Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Christian Filzwieser, sieht Herausforderungen auf sich zukommen.
Wien. Die türkis-grüne Regierung ist stolz auf ihr Gesetz zur Informationsfreiheit, dem auch die SPÖ zustimmte und das nur noch durch den Bundesrat muss. Ab September soll es gelten. Kritiker monieren hingegen, dass sich nicht viel ändern werde, weil etwa kein Informationsfreiheitsbeauftragter als Mittler zwischen Amt und Bürger komme. Aber werden trotzdem mehr Leute mit Auskunftsbegehren ihr Glück versuchen?
Die Grenzen des neuen Info-Rechts
Es gibt zwar künftig keine als Amtsgeheimnis betitelte Geheimhaltung mehr, aber sehr ähnliche Gründe wie bisher, in denen die Auskunft verweigert werden darf. Etwa zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder auch zur Vorbereitung einer Entscheidung und zur Abwehr eines erheblichen Schadens einer Gebietskörperschaft. Und Informationen einklagen kann man jetzt auch schon.
Die Rechtsuchenden
Der neue Präsident des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG), Christian Filzwieser, sieht durch die Novelle „einiges auf uns zukommen“. So sei man selbst einerseits Rechtsmittelbehörde (wenn Bürger Bescheide der Behörden bekämpfen) und andererseits in bestimmten Fällen sogar mit Ermittlungen beauftragt. „Das wird uns sicher kosten und ist mit einem signifikanten Mehrbedarf an Personal verbunden“, sagte Filzwieser der Austria Presse Agentur.
Der Präsident des dem BVwG übergeordneten Verwaltungsgerichtshofs (VwGH), Rudolf Thienel, erklärte hingegen zuletzt im „Rechtspanorama“der „Presse“, keine signifikanten Auswirkungen auf sein Gericht zu erwarten. Der Höchstrichter erinnerte an das schon seit 1988 bestehende Auskunftspflichtgesetz und die damalige Befürchtung, es werde eine Welle an Verfahren kommen. Das sei aber nicht eingetreten. „Und de facto ist vieles von dem, was jetzt im Informationsfreiheitsgesetz steht, schon geltendes Recht beziehungsweise durch die Judikatur gerade des Verwaltungsgerichtshofs auch schon judiziert“, erklärte Thienel.
Die Veröffentlichungspflicht
Tatsächlich dürfte die große Veränderung eher darin liegen, dass Bund, Länder und Gemeinden laut der Novelle künftig für die Allgemeinheit wichtige Informationen schon von sich aus veröffentlichen müssen. Das bringe „einen Fortschritt an Transparenz“, sagte auch Thienel. Filzwieser sieht aber auch dadurch mehr Arbeit auf sein Gericht zukommen, treffe dieses doch dann auch eine proaktive Veröffentlichungspflicht.
Bei einem Gericht könnten dies etwa Statistiken sein, bei Gebietskörperschaften mit Steuergeld bezahlte Studien. Viel diskutiert ist, dass kleine Gemeinden mit unter 5000 Einwohnern von der aktiven Veröffentlichungspflicht ausgenommen sind.
Die großen Brocken bei Gericht
An den Verwaltungsgerichten werden weiterhin andere Materien den größten Aufwand darstellen. Rund 60 Prozent der Fälle am BVwG betreffen das Asyl- bzw. Fremdenrecht, am VwGH sind es zwischen 40 und 50 Prozent. Der VwGH entscheidet nur Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung. Einen stärkeren Anfall erwartet sich Filzwieser durch Beschwerden gegen die ORF-Haushaltsabgabe. Auch diese gehen erst zur Behörde, dann an Filzwiesers Gericht. „Da schaut man wahrscheinlich einmal, wie das ausjudiziert wird“, meinte der Präsident. Sei das klar, werde die Zahl der Fälle sinken.