Wie Uefa-Chef Čeferin fast alle überrumpelt
Europas höchster Fußballfunktionär tritt überraschend nicht zur Wahl an.
Aleksander Čeferin las bei seinem folgenschweren Coup stur von einem Blatt Papier ab. „Ich bin müde von Covid, müde von zwei Kriegen, von NonsensProjekten wie der sogenannten Super League“, sagte der UefaPräsident in Paris am Donnerstag und erklärte völlig überraschend, 2027 nicht erneut zur Wahl anzutreten. Für eine Kandidatur hatte der Kongress der Europäischen Fußball-Union erst eine Stunde zuvor mit einer Statutenänderung den Weg frei gemacht – der 56-Jährige nutzte den Moment aber für eine lang geplante Schelte seiner Kritiker und der Medien.
„Es war äußerst amüsant, diese Hysterie zu sehen“, sagte Čeferin, der dünnhäutig nur drei Nachfragen zuließ. Seine Entscheidung sei bereits vor sechs Monaten gefallen. Nach einer gewissen Zeit brauche jede Organisation „frisches Blut“.
„Erbärmlicher Schrei“
In den vergangenen Wochen war wegen der geplanten Statutenänderung zur Aufweichung seiner Amtszeitbeschränkung teilweise wild über eine Rebellion in der Uefa spekuliert worden. Der Ex-Profi Zvonimir Boban, seit Jahren enger Berater des im September 2016 erstmals gewählten Čeferin, trat aus Protest öffentlichkeitswirksam mit Kritik am Uefa-Präsidenten von seinem hochrangigen Verbandsposten zurück.
Namentlich nannte Čeferin seinen einstigen Intimus nicht, ließ aber kaum Zweifel, wen er mit seiner Kritik meinte. „Ich bin auch müde von selbst ernannten moralischen Autoritäten, die behaupten, dass sie moralisch sind, bis es um ihre persönlichen Interessen geht“, sagte der seit 2016 im Amt befindliche Präsident und nannte Bobans öffentliche Kritik einen „erbärmlichen Schrei“. „Er war einer der wenigen, die wussten, dass ich nicht mehr antreten würde.“(ag.)