Chancen mit Bonds aus dem Norden
Rohstoffvorkommen, bevorstehende Zinssenkungen: Ein Blick nach Skandinavien kann sich für Anleger lohnen. Bondexperte Mikael Lundström erklärt, wo in der Region er fündig wird.
Das Jahr 2024 könnte eine Ära der wirtschaftlichen Umbrüche einläuten. Die Geldpolitik dürfte in den USA und der Eurozone erstmals wieder gelockert werden, und die globale Konjunktur könnte stärker als erwartet anziehen. Darauf deuten zumindest jüngst revidierte Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) hin. Die Weltwirtschaft dürfte demnach um 3,1 Prozent wachsen, etwas stärker, als noch im Oktober prognostiziert wurde.
Für manche Regionen zeichnet sich dem IWF zufolge jedoch ein weniger rosiges Bild ab. Für die EU wird ein BIP-Zuwachs von 0,9 Prozent erwartet. In Deutschland könnte das Plus bei nur 0,5 Prozent liegen. Dort machen der Industrie hohe Strompreise zu schaffen, der Immobiliensektor leidet unter den gestiegenen Zinsen.
Letzteres bekommen auch andere Regionen Europas zu spüren. In Schweden etwa wurde der jahrelange Höhenflug bei den Immobilienpreisen jäh beendet, konstatiert Mikael Lundström, Chefanlagestratege beim finnischen Vermögensverwalter Evli Fund Management Company, im Gespräch mit der „Presse“. Die Folgen dürften auch heuer noch sichtbar sein: So rechnet die EU-Kommission dort mit einem leichten BIP-Rückgang um 0,2 Prozent. Dennoch verweist Lundström auf Aspekte, die im zweiten Halbjahr eine positive Wende einläuten könnten: Auch in Schweden dürften die Zinsen allmählich gesenkt werden – aktuell liegt der Leitsatz bei vier Prozent. „Sobald die EZB den ersten Schritt setzt, den wir für Juni erwarten, dürfte die Riksbank folgen.“
Wertverlust für Währung
Die abwartende Haltung hat einen guten Grund: Die schwedische Krone habe in den vergangenen Jahren gegenüber dem Euro an Wert verloren, erklärt der Evli-Experte. Sollte Schweden vor der EZB mit einer Lockerung starten, könnte die Krone weiter unter Druck geraten. Denn dann wäre eine Kapitalanlage in der Eurozone besser
verzinst und somit attraktiver. Aber auch Finnlands Wirtschaft, die vor allem von der Schwerindustrie geprägt ist, befinde sich in einer Rezession, sagt Lundström. Schweden sei zudem für das Land ein wichtiger Exportmarkt. „Finnlands Aufschwung hängt deshalb zu einem guten Teil von der Wende im Nachbarland ab.“
Ein weitaus rosigeres Bild zeichnet sich in Norwegen ab. Das rohstoffreiche Land profitiert von der weltweit steigenden Energienachfrage. Und damit bieten sich auch Chancen auf den Bondmärkten. Sie werden im Evli Nordic Corporate Bond Fund selektiv genutzt. Ein Schwerpunkt liegt dabei laut Lundström auf Schuldnern, die es gerade noch in das obere Bonitätssegment, den Investment GradeBereich, geschafft haben. Die Emittenten verfügen damit über eine Bonität von zumindest BBB–.
Schlechter benotete Emittenten zählen zum Hochzinssegment. Hieraus selektiert der Fonds vor allem jene Schuldner, die innerhalb
dieses Segments die besseren Einstufungen aufweisen. Lundström gefällt in beiden Bereichen das aktuelle Chancen-Risiko-Verhältnis. Besonders fündig wird das Fondsmanagement dabei in Schweden und Finnland.
Relativ kurze Laufzeiten
Zu den größten Einzelpositionen zählen etwa der finnische Verpackungshersteller Huhtamaki, der aktuell in den Hochzinsbereich fällt. Die Gewinnspanne der Firma sei stabil. „Allerdings ist dessen
Verschuldung recht hoch.“Sollte sie reduziert werden, könnte eine Heraufstufung in den InvestmentGrade-Bereich anstehen. Eine bessere Bonität würde den Bondkurs antreiben. Weiteres Beispiel ist Ellevio, eine schwedische Stromverteilungsfirma. Anleihen von Ellevio habe man dabei zu weniger als 100 Prozent gekauft, somit unter jenem Kurs, zu dem das Papier bei der – inzwischen nahenden – Fälligkeit getilgt wird. Dies biete Chancen auf einen Kursgewinn.
Lundström verweist auch auf grundsätzliche Eigenschaften des skandinavischen Markts für Unternehmensanleihen. So haben die Bonds im Schnitt eine Laufzeit von nur rund fünf Jahren. Kursschwankungen halten sich da eher in Grenzen als bei längeren Laufzeiten, bei denen Anleger länger auf die Rückzahlung warten müssen. Das Vermögen im Fonds wird im Übrigen zur Gänze zum Euro abgesichert. Dennoch müssen Anleger beachten, dass auch bei einem solchen Produkt Verluste möglich sind.