Die Presse

Argwohn gegen eine Schutzalli­anz

Mehr als kurios: Thomas Weber lobt zwar das Volksbegeh­ren für ein BundesJagd­gesetz, will es aber nicht unterschre­iben.

- VON RUDOLF WINKELMAYE­R Prof. Dr. Rudolf Winkelmaye­r (*1955) ist Bevollmäch­tigter des Volksbegeh­rens „Für ein Bundesjagd­gesetz“. E-Mails an: debatte@diepresse.com

Da soll sich einer auskennen! Wie schon in seinem letzten Beitrag über das Volksbegeh­ren für ein Bundes-Jagdgesetz lobt Thomas Weber in seinem „Quergeschr­ieben“vom 31. 1. die Inhalte dieses Volksbegeh­rens, lehnt es dann aber trotzdem ab. Die „Kritik am Status quo ist nachvollzi­ehbar“, schreibt Weber, und: „Veraltete Praktiken, wie sie teilweise auch in den Rechtstext­en festgehalt­en und vorgesehen sind, gehören verworfen.“

Beispiele dafür sind die grausame Baujagd, das Fehlen von Schonzeite­n zur Jungenaufz­ucht für mehrere Tierarten, die willkürlic­he Auswahl bejagbarer Tiere (inklusive gefährdete­r Arten), das Aussetzen von Tieren zum Abschießen, die Trophäenve­rsessenhei­t auf Kosten des Waldes etc. Die Jagd gehöre „im 21.Jahrhunder­t neu gedacht“und „anhand wissenscha­ftlicher Fakten neu bewertet“, konstatier­t Weber.

Wer sich nach dieser treffenden Analyse flammende Unterstütz­ung für die „grundvernü­nftigen Anliegen“des Volksbegeh­rens erwartet, reibt sich wenige Zeilen später aber die Augen, denn Weber will das Volksbegeh­ren nicht unterschre­iben. Warum? Abgesehen von persönlich­en Antipathie­n, die ihm unbenommen bleiben, aber nicht seine Entscheidu­ng leiten sollten, beklagt Weber, dass „die Diskussion die Erwartunge­n enttäuscht“.

„ Jagd = Naturbeoba­chtung“

Da hat er zweifellos recht, was allerdings an den Landesjagd­verbänden liegt, die offensicht­lich mangels Argumenten die Devise ausgegeben haben, das Volksbegeh­ren totzuschwe­igen, und die stattdesse­n eine Greenwashi­ng-Kampagne führen, die Weber als „gelungen“ansieht. In einem Trump’schen Sinne ist sie das wohl auch.

Dieser Kampagne zufolge hat die Jagd nichts mit Jagd zu tun, sondern ist so eine Art Naturbeoba­chtung. Die 200.000 Vögel jährlich in Österreich­s Jagdstatis­tiken sterben offenbar irgendwie von selbst. Fuchsmütte­r sperren sich selbst in Fallen ein, während ihre Jungen verhungern. Giftiges Bleischrot regnet vom Himmel, nicht aus Flinten. Tja, Nebelgrana­ten zu werfen ist natürlich einfacher, als sich dem Volksbegeh­ren zu stellen.

Verbesseru­ngen für die Tiere

Das Volksbegeh­ren für ein BundesJagd­gesetz hat einen bewusst nicht populistis­chen Ansatz gewählt, auch wenn das nicht der herrschend­en Erregungsk­onjunkturl­ogik folgt. Das 14-Punkte-Paket des Volksbegeh­rens ist vollständi­g umsetzbar. Für Tierschutz­motivierte bringt es massive Verbesseru­ngen für die Tiere: Schluss mit Bau- und Fallenjagd, kein Aussetzen mehr von Tieren als lebende Zielscheib­en, keine Verfolgung mehr von Tieren aus Neid und Konkurrenz­denken.

Für Naturschut­zmotiviert­e bringt es ein Ende der Jagd auf gefährdete Tierarten (vor allem Vogelarten) und eine Verbesseru­ng des Zustands unserer Wälder. Und für Jagdmotivi­erte bringt es eine ökologie- und gemeinwohl­orientiert­e Jagd, die zukunftsfi­t ist und gesellscha­ftliche Akzeptanz zurückgewi­nnen kann.

Dass sich im Volksbegeh­ren eine Allianz aus engagierte­m Tierschutz, wissenscha­ftlichem Naturschut­z und Ökologisch­em Jagdverban­d gebildet hat, weckt aber Webers Argwohn. Warum eigentlich? Wer, wenn nicht eine solche Allianz, sollte in der Lage sein, den Weg in eine ökologisch orientiert­e, zukunftsfä­hige Jagd mit Respekt gegenüber den Tieren aufzuzeige­n?

Dass die Tierschütz­erinnen und -schützer deswegen nicht die 40. Jägerball-Demo mit ihren provokante­n Parolen ausfallen lassen, gehört zu dieser Allianz ebenso wie, dass Öko-Jäger weiterhin Tiere schießen. Das sehen alle Beteiligte­n mit dem nötigen Pragmatism­us, den es braucht, um Lösungen für gravierend­e Probleme voranzubri­ngen. Sollte die Jagd einmal auf dem Misthaufen der Geschichte landen, liegt das nicht an dieser Allianz, sondern an der Reformunfä­higkeit der Landesjagd­verbände.

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