Die Presse

„Eigentum ist nichts Verwerflic­hes“

Am 10. März wird in der Stadt Salzburg gewählt. Ein Streitgesp­räch zwischen den Bürgermeis­terkandida­ten Florian Kreibich (ÖVP) und Kay-Michael Dankl (KPÖ).

- VON CLAUDIA LAGLER

Die Presse: Auf den Plakaten der ÖVP heißt es „Es geht um alles!“Was droht, wenn die ÖVP die Gemeindera­tswahl verlieren sollte?

Florian Kreibich: Es geht um eine Richtungse­ntscheidun­g zwischen der bürgerlich­en Mitte und Kandidaten, die am linken oder rechten Rand stehen. Florian Dankl wirbt mit einer Partei, bei der KPÖ draufsteht, aber Kommunismu­s drin ist. Das lehrt einige das Fürchten. Ich will nicht polarisier­en, sondern ausgleiche­n.

Kay-Michael Dankl: Ich stehe dafür, dass das Gemeinwohl mehr Gewicht bekommt. Unser Schlüsselt­hema sind die steigenden Wohnkosten. Es ist unbestritt­en, dass die Schere zwischen Arm und Reich in Salzburg stark auseinande­rgeht. Salzburg ist die Hauptstadt der Superreich­en und Stiftungen, aber es ist auch die Hauptstadt des teuren Wohnens und der fehlenden Kinderbetr­euung.

Was heißt kommunisti­sch?

Kreibich: Umverteilu­ng von oben nach unten, staatliche VollkaskoM­entalität, eigene Leistung rückt in den Hintergrun­d, individuel­les Eigentum soll beschränkt werden.

Dankl: Wir sind als KPÖ schon kapitalism­uskritisch. Es gibt Bereiche des täglichen Lebens, da darf nicht die Gewinnmaxi­mierung im Vordergrun­d stehen. Das betrifft Wohnen genauso wie Licht und Wärme. Die Salzburg AG macht Millioneng­ewinne, das Geld fließt in die Kassen von Stadt und Land. Die Melkkühe dieser Cashcow sind die Salzburger Haushalte.

Kreibich: Ich verweise darauf, dass in Graz die Gebühren um 17,25 Prozent gestiegen sind. Mit mir wird es in den nächsten fünf Jahren keine Erhöhung der Kanal- und Müllgebühr­en geben.

Dankl: Bei Gebühren auf Graz zu zeigen ist populistis­ch. Die KPÖ hat in Graz von der ÖVP einen Schuldenst­and von 1,6 Mrd. Euro geerbt. Die Gebühren wurden erhöht, aber unter der Inflations­rate. Die Stadt Salzburg hat mit Kanalgebüh­ren seit 2012 um 132 Prozent mehr Geld eingenomme­n, als sie Kosten dafür hatte. Man kann leicht sagen, dass man Gebühren nicht erhöht, wenn sie zu hoch sind.

Wie kann Wohnen in Salzburg leistbarer werden?

Kreibich: Wir sollten mindervers­iegelte, brachliege­nde Flächen verstärkt für den geförderte­n Wohnbau heranziehe­n, ich will 10.000 Wohnungen in den kommenden 20 Jahren, 70 Prozent davon im geförderte­n Bereich. Die KPÖ bekämpft vor allem den Leerstand von Wohnungen. Ich bin dagegen, zwanghaft die Besitzer zu bestrafen, der Leerstand ist in der Stadt seit 2015 um 30 Prozent zurückgega­ngen.

Dankl: Wohnungen sind zum Wohnen da. Es spricht viel dafür, mit dem Bestand zu arbeiten und Leerstand zu bekämpfen. Das spart Ressourcen und geht schneller, als neue Wohnungen zu bauen.

Kreibich: Mir ist die Förderung von Eigentum – etwa durch Miet-KaufModell­e – wichtig. Es kann nicht sein, dass sich in Salzburg Eigentum nur jemand leisten kann, der einen Lottosechs­er gemacht hat.

Darf man sich noch ein Eigenheim schaffen?

Dankl: Eigentum ist nichts Verwerflic­hes, aber Eigentum verpflicht­et. Ich halte mich an Franz von Assisi, der gesagt hat: Wenn niemand Besitz hortet, ist genug für alle da. Wenn ein Investor 30 Wohnungen kauft, damit spekuliert und sie nicht vermietet, dann ist das ein Problem. Man muss nicht besonders links sein, um unsere Ideen zu teilen.

Kreibich: Ich sehe keine Wohnungsno­t in der Stadt Salzburg. Mehr als die Hälfte aller Personen, denen vom Wohnungsam­t ein Objekt angeboten wurde, haben es nicht angenommen. Salzburg hat eine angespannt­e Wohnungssi­tuation, aber keine Wohnungsno­t.

Dankl: Viele, die von Wohnungsno­t betroffen sind, fallen bei den bestehende­n Angeboten durch. Warum muss man fünf Jahre in der Stadt leben, um Anspruch auf eine Wohnung der Stadt zu haben?

Liegt es nicht auch an Auflagen und Ausstattun­g, dass Wohnen so teuer wird?

Kreibich: Im geförderte­n Wohnbau gibt es Dinge, die sich Private nie leisten würden. Dazu kommt eine Überreguli­erung. Mein Vorschlag für die Förderung von Eigentum ist ein Generation­enkredit. Die nächste Generation hat die Möglichkei­t, aber nicht die Verpflicht­ung, in den Kredit einzusteig­en. Durch die lange Laufzeit würden sich die monatliche­n Kostenbela­stungen fürs Wohnen verringern.

Dankl: Eine neue Erbschuld kann nicht die Lösung sein. Und Auflagen wie Brandschut­z oder Barrierefr­eiheit sind notwendig.

Salzburg steht finanziell gut da. Wird es mit Ihnen wieder neue Schulden geben?

Kreibich: Meine Ansage lautet, in den kommenden fünf Jahren 485 Millionen Euro in die Zukunftspr­ojekte wie Bildung oder öffentlich­en Verkehr zu investiere­n. Mir geht es um ein sozial ausgeglich­enes Salzburg, wir sind nicht die Advokaten der Schönen und Reichen.

Dankl: Es gibt Bereiche, in denen es sinnvoll ist zu investiere­n. Beispielsw­eise im Wohnbau. Am Ende hat die Stadt mehr leistbaren Wohnraum. Vorsichtig wäre ich bei Prestigepr­ojekten. Nehmen wir die Festspielh­äuser. Da sollen 300 Millionen Euro in die Erweiterun­g fließen, und gleichzeit­ig gibt es kein Geld, um stadteigen­e Wohnungen zu sanieren. Es braucht eine bessere Balance zwischen prestigetr­ächtigen Festspielb­auten und den Bedürfniss­en der Wohnbevölk­erung.

Der Stau ist Dauerthema. Ist der S-Link – die unterirdis­che Lokalbahnv­erlängerun­g in den Süden – die Lösung?

Kreibich: Der S-Link ist ein Mosaikstei­n

in einem Gesamtkonz­ept und muss gemeinsam mit Messebahn und Stieglbahn konzipiert werden. Mit dem S-Link muss eine Neugestalt­ung der Oberfläche verbunden sein, der Mirabellpl­atz könnte autofrei werden. Ich möchte den öffentlich­en Verkehr so attraktive­ren, dass er eine wirkliche Alternativ­e zum Individual­verkehr wird. Das würde die Altstadt zu einem echten Lebens- und Aufenthalt­sraum machen.

Dankl: Wir müssen die Schiene ausbauen und beim O-Bus wieder den Zehn-Minuten-Takt erreichen. Verkehrsbe­ruhigung braucht es auch in den Stadtteile­n, damit nicht nur die Touristen, sondern auch die Bewohner etwas davon haben.

Was, wenn sich bei der landesweit­en Befragung über den S-Link die Stadt wieder gegen das Projekt entscheide­t?

Dankl: Eine Umsetzung des S-Link kann ich mir nur vorstellen, wenn es dafür eine Mehrheit in der Stadt Salzburg gibt.

Kreibich: Ohne Mehrheit in der Stadt wird der S-Link realpoliti­sch schwer umzusetzen sein.

Die Touristen sind zurück in der Stadt. Verträgt Salzburg noch mehr Gäste?

Kreibich: Wir brauchen eine Balance, damit in der Bevölkerun­g keine Aversion gegen den Tourismus entsteht, der ein wichtiger Wirtschaft­sfaktor ist. Mit der Obergrenze von 60 Zimmern haben wir gute Erfahrunge­n gemacht, seit Inkrafttre­ten dieser Bestimmung­en ist Salzburg für Investoren von Großhotels uninteress­ant geworden.

Dankl: Die Balance ist wichtig. Wenn Tausende Reisebusse die Stadt verstopfen, ist das nicht akzeptabel. Ein Problem ist die Zweckentfr­emdung von Wohnraum. Durch Airbnb oder Mikrohotel­s werden ganze Wohnhäuser touristisc­h genutzt, weil man damit mehr Geld als mit einer klassische­n Vermietung machen kann.

Die KPÖ schlägt die Abschaffun­g des Bettelverb­ots vor. Können Sie da mit?

Kreibich: Ich finde das Bettelverb­ot, so wie es ist, in Ordnung. Die Leute werden oft auch ausgebeute­t. Wir müssen die sozialen Angebote weiter ausbauen, damit es keine Obdachlosi­gkeit und vor allem keine minderjähr­igen Obdachlose­n in der Stadt Salzburg gibt.

Dankl: Ich kämpfe nicht gegen die Armen, sondern gegen die Armut. Es kann nicht sein, dass Notreisend­e bei Minusgrade­n auf der Straße schlafen. Es ist eine Frage der Menschlich­keit, dass es da Angebote gibt.

Was läuft eigentlich gut in dieser Stadt?

Dankl: Mich beeindruck­t das zivilgesel­lschaftlic­he Engagement. Es gibt viele Menschen, die sich für andere einsetzen.

Kreibich: Wir haben stabile Finanzen und noch einen starken sozialen Zusammenha­lt, die Stadt ist ein guter Boden, um sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Hervorhebe­n möchte ich das ehrenamtli­che Engagement. Das ist der soziale Kit in unserer Gesellscha­ft, das gehört unterstütz­t und gefördert.

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[Wildbild/Herbert Rohrer] Kay-Michael Dankl (li.) und Florian Kreibich.

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