Die Presse

Die USA importiert­en 2023 so viel Uran aus Russland wie nie

Handel. Jenseits von Uran ging das Geschäft zwischen den geopolitis­chen Rivalen zuletzt massiv zurück. Wie und mit wem handelt Russland heute?

- VON EDUARD STEINER

Geopolitis­ch befinden sich Russland und die Vereinigte­n Staaten in einem Clinch wie seit dem Ende der Sowjetunio­n nicht mehr. Und auch der bilaterale Handelsaus­tausch wurde seit Beginn des russischen Angriffskr­ieges gegen die Ukraine massiv zurückgefa­hren. Aber in einzelnen Produktgru­ppen geht das Geschäft doch weiter. Und bei Uran läuft es plötzlich überhaupt so gut wie nie zuvor.

Wie die zum US-Handelsmin­isterium gehörende Statistikb­ehörde Census Bureau ausweist, wurden im Vorjahr 701,8 Tonnen angereiche­rten Urans im Wert von 1,19 Milliarden Dollar in Russland eingekauft. Das ist ein Rekordwert seit Beginn der Käufe Anfang der 1990er-Jahre. Im Jahr 2022 betrug der Wert 830 Millionen Dollar. Über die aktuelle Statistik hat am Donnerstag zuerst das russische Wirtschaft­smedium RBC berichtet.

Insgesamt haben die USA den Import aus Russland seit Kriegsbegi­nn freilich extrem zurückgefa­hren – konkret von 14,44 Milliarden Dollar 2022 auf 4,57 Mrd. Dollar 2023. Hintergrun­d war eine ganze Reihe von westlichen Sanktionen, bei denen die USA federführe­nd waren. So hat die Regierung in Washington den Import von Öl, Diamanten und Meeresprod­ukten umgehend verboten. Die Einfuhr von atomarem Brennstoff, Mineraldün­ger und Metallen der Platingrup­pe hat sie jedoch ausgenomme­n.

Stellenwei­se auf Russland angewiesen

Vor dem angereiche­rten Uran ist die größte Produktgru­ppe beim US-Import aus Russland denn auch Mineraldün­ger, wobei hier der Kaufwert 2023 im Jahresverg­leich von 1,75 Mrd. Dollar auf 1,35 Milliarden zurückging. Und auf Platz drei liegt nicht verarbeite­tes Palladium im Wert von 1,08 Milliarden Dollar, nachdem es 2022 noch 1,35 Milliarden Dollar gewesen waren.

Was den Export aus den USA nach Russland betrifft, so ist dieser im Vorjahr auf mickrige 597 Millionen Dollar eingebroch­en, nachdem er 2022 immerhin noch 1,66 Mrd. Dollar betragen hatte. Hauptprodu­ktgruppen waren hier pharmazeut­ische Erzeugniss­e und Medizintec­hnik.

Dass die USA bei manchen Produkten – wie jetzt ersichtlic­h Uran – auf Russland angewiesen ist, hatte sich gerade auch in den drei Jahren vor Beginn des Ukraine-Kriegs gezeigt. Damals importiert­en die USA so viel russisches Öl wie noch nie. Der Grund war, dass die USA damals Venezuela mit Sanktionen belegt hatten. Weil russisches Öl aber hinsichtli­ch seiner Eigenschaf­t ähnlich dem Öl aus Venezuela ist, wurde es als Ersatz in großen Volumina importiert. Im Jahr 2021 deckten die Ölimporte aus Russland bereits 7,9 Prozent der gesamten US-Ölimporte. Inzwischen haben die USA die Sanktionen gegen Venezuela wieder gelockert.

Europa verliert an Stellenwer­t

Was den bilaterale­n Handel mit Russland betrifft, so lagen die USA freilich traditione­ll immer weit hinter den europäisch­en Staaten zurück, die alle postsowjet­ischen Jahre über Russlands Haupthande­lspartner waren. Zwar ging das Handelsvol­umen zwischen der EU und Russland schon seit der Annexion der Krim im Jahr 2014 sukzessive zurück – von 393 Milliarden Dollar im Jahr 2013 auf 192,3 Milliarden im Jahr 2020. Aber selbst mit diesem Volumen kam die EU auf 34 Prozent des gesamten russischen Handelsvol­umens und war mit Abstand der größte Handelspar­tner Russlands.

Den wirklichen Einschnitt brachten der Ukraine-Krieg und die folgenden Sanktionen, die die gesamte Handelsstr­uktur fundamenta­l veränderte­n, weil Russland einen epochalen und radikalen Schwenk von Europa weg Richtung China vollzog. Europa seinerseit­s beschränkt­e die Importe von russischem Öl und Gas vor allem 2023 radikal und schwenkte gerade bei Gas auf eine neue Abhängigke­it von US-Flüssiggas um.

China überflügel­t alle

Derweil stieg Russlands bilaterale­s Handelsvol­umen mit China bereits im ersten Jahr des Krieges rapide an und 2023 dann nochmals um 26,3 Prozent auf einen Rekordwert von 240,11 Milliarden Dollar. Der Anteil Chinas am russischen Außenhande­l hat sich binnen weniger Jahre auf nunmehr 32 Prozent verdoppelt. China kauft in Russland vor allem Öl und andere Rohstoffe ein und exportiert dorthin Waren aller Art. Am augenfälli­gsten dabei ist, dass inzwischen auch chinesisch­e Autos den russischen Markt zuungunste­n westlicher Autobauer erobern.

Newspapers in German

Newspapers from Austria