Pakistans moralischer Sieger sitzt hinter Gittern
Sensationserfolg für Ex-Premier Khan: Verbündete Kandidaten errangen mehr als 40 Prozent der Stimmen.
Der moralische Sieger der Parlamentswahl in Pakistan sitzt hinter Gittern. Imran Khan, der 71-jährige Ex-Premier, verfolgte aus dem Gefängnis den Sensationserfolg seiner Kandidaten, die sich nach der Repression gegen Khan und seine PTI formal als unabhängig deklariert hatten. Nach vorläufigen Ergebnissen errangen sie mehr als 40 Prozent der Stimmen und avancierten zur stärksten Kraft vor der Muslimliga unter Ex-Premier Nawaz Sharif und der Pakistanischen Volkspartei unter Bilawal Bhutto Zardari.
Am Samstag sollten in der drittgrößten Demokratie Asiens die Regierungskonsultationen beginnen. Eine Delegation hat sich auch bei Khan angesagt, der in die Rolle des insgeheimen Königsmachers schlüpfen könnte. Eine eigene Kandidatur war ihm verwehrt gewesen. Seit August sitzt er in Haft, und in der Vorwoche wurde er in drei Anklagepunkten
zu einer Haftstrafe von 31 Jahren verurteilt. Weitere Prozesse könnten folgen, sofern Khan nicht einen Deal eingeht.
Für die bisherigen Regierungsparteien, die Muslimliga und die Volkspartei, führen Ex-Premier Shehbaz Sharif und Bilawal Bhutto, sein früherer Außenminister, die Sondierungsgespräche. Dem jüngeren Bruder von Nawaz Sharif wird ein guter Draht zu den mächtigen Militärs nachgesagt, die seit der Unabhängigkeit im Jahr 1947 die dominierende Kraft im Land sind.
Nawaz Sharif erhob indessen den Anspruch auf den Posten des Ministerpräsidenten – zum bereits vierten Mal seit 1990. Er rief sich zum Sieger aus und plädierte für eine Allparteienkoalition, um Pakistan aus dem Chaos und einer schweren Wirtschaftskrise zu führen. „Wir haben Pakistan schon einmal aus einer schwierigen Lage befreit. Wir können es wieder tun.“
Die Macht der Clans
Der 74-Jährige war erst im Herbst aus dem Exil in London zurückgekehrt. Er war 2018 wegen Korruptionsvorwürfen gestürzt worden. Daraufhin eroberte Khan die Macht, ehe ihn vor zwei Jahren ein Misstrauensvotum zu Fall brachte. Im Hintergrund baut der Sharif-Clan die 50-jährige Maryam, die älteste Tochter von Nawaz, zur potenziellen Nachfolgerin auf.
Die Clans der Bhuttos und Sharifs wechseln sich seit mehr als 50 Jahren, unterbrochen von Militärputschen, an der Macht ab. Als Newcomer und Gründer einer islamistischen Partei hat Imran Khan 2018 das Duell um die Macht durchbrochen. Selbst in Haft bleibt er ein Player in der pakistanischen Politik – auch wenn er der Armee ein Dorn im Auge ist. (vier)