Dürre in Panama stört Lieferketten
Der Panamakanal leidet unter Niedrigwasser und verringert die Durchfahrten. Für freie Slots werden horrende Preise bezahlt. Logistiker warnen vor Störung des Welthandels.
In Panama regnet es wieder. Das sind gute Nachrichten für das kleine Land in Mittelamerika, denn speziell der Panamakanal leidet stark unter der vorherrschenden Dürre. Die ersten Berichte kamen im Sommer auf, als der Schiffstau vor der künstlich angelegten Fahrrinne zwischen dem Atlantik und Pazifik immer länger wurde. Zeitweise warteten rund 200 Schiffe auf die Einfahrt in den Kanal.
Die Situation hat sich wieder beruhigt, aktuell beträgt die Wartezeit rund fünf Tage. 36 Schiffe dürfen den Kanal in normalen Zeiten pro Tag passieren, im Jahr sind es rund 14.000 Stück. Das ergibt eine Gesamtladung von 520 Millionen Tonnen, die jährlich durch das wichtigste Seenadelöhr der Welt verschifft werden. Die Betreibergesellschaft Panama Canal Authority (Autoridad del Canal de Panama) hat schon im Sommer begonnen, die Zahl der Durchfahrten pro Tag zu reduzieren, erst von 36 auf 32. Im November wurde die Zahl auf 18 tägliche Durchfahrten gesenkt. Auch der maximale Tiefgang, mit dem Schiffe den Kanal passieren dürfen, wurde verringert. Da es im Dezember und Jänner mehr Niederschlag gab als erwartet, erhöhte die Behörde die Zahl der Durchfahrten kürzlich wieder auf 24 Stück im Jänner und 20 im Februar.
Laut der Betreibergesellschaft war der Oktober der trockenste seit dem Jahr 1950. Verantwortlich für das Niedrigwasser sei das Wetterphänomen El Niño, das das Wasserreservoir für den Kanal versiegen lässt. Ende Oktober lag die Niederschlagsmenge um 41 Prozent unter dem langjährigen Durchschnitt. Auch der Internationale Währungsfonds spricht von der schwersten Dürre seit 143 Jahren. Bei jeder Durchfahrt werden 200 Mio. Liter Wasser verbraucht. Sie werden in das Schleusensystem gepumpt, und mithilfe dieses System überwindet jedes Schiff 26 Höhenmeter. Die Kanalbehörde arbeitet mit Hochdruck an alternativen Systemen: So wird neuerdings etwa Wasser von einer Schleusenkammer in die andere geleitet, um es wiederzuverwerten. Diese „Kreuzfüllung“spart den Verbrauch von sechs Durchfahrten. Wenn die Größe der Schiffe es zulässt, werden auch zwei Stück gleichzeitig in eine Kammer gesteckt.
Vier Mio. für eine Durchfahrt
Der Panamakanal spielt eine entscheidende Rolle für die internationalen Lieferketten. Von besonderer Bedeutung ist die Route zwischen der Ostküste der USA und Asien. Auch der Transit zwischen den beiden US-Küsten verläuft durch die Wasserstraße. Schiffe aus Europa nutzen sie hauptsächlich, um an die US-Westküste zu gelangen.
Die Reduktion wird sich in den Bilanzen niederschlagen. Logistiker schätzen den finanziellen Verlust durch die Dürre für 2024 auf mindestens 500 Millionen US-Dollar – denn Wartezeit kostet Geld. Aber nicht nur die Waren fehlen: Da es weniger Slots für Durchfahrten gibt, steigen die Preise für die wenigen verfügbaren an. Die drei global größten Reedereien erhalten fixe Durchfahrten. Alle anderen nehmen an Versteigerungen um die übrigen freien Plätze teil: zusätzlich zu den regulären Mautgebühren in Höhe von 400.000 US-Dollar. Dabei kam es im Dezember zu einem Rekordpreis von vier Millionen Dollar für eine Durchfahrt. Bezahlt wurde dieser von dem japanischen Ölund Metallkonzern Eneos Group.
Dass es die Auktionen gibt, ist nicht ungewöhnlich, üblicherweise nehmen aber nur Schiffe teil, die zur Durchfahrt nicht angemeldet sind, und die Beträge liegen bei knapp 200.000 Dollar. Gegenüber Bloomberg erklärte die Kanalbehörde, dass die höchsten Gebote bei den Auktionen von Flüssiggasoder Flüssigerdgas-Transportunternehmen bezahlt werden. Denn deren Fracht droht sich in der tropischen Hitze zu verflüchtigen. Dass der Tiefgang der Frachter verringert wurde, bedeutet auch, dass Schiffe weniger Waren transportieren. Das wiederum führt zu Verspätungen und höheren Transportkosten. Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank, nannte „die Rückkehr von Lieferengpässen“ als einen der vier wichtigsten Risikofaktoren, die sie beobachtet.
Gestörte Lieferketten
Branchen, die in hohem Maße von einem effizienten Transport abhängig sind, wie etwa der Einzelhandel, könnten Schwierigkeiten bekommen. Das führt wiederum zu höheren Verbraucherpreisen und Engpässen bei Lagerbeständen. „Jeder wird kreativ werden und sich überlegen müssen, was er macht“, sagte kürzlich der CEO der British American Shipping. Denn die Folgen der Dürre sind nicht auf die unmittelbare Zukunft beschränkt. Wenn die Trockenheit anhält, werden alternative Transportrouten gefunden werden müssen. Der Niederschlagsmangel kann durch den Klimawandel zur Normalität werden. Vor diesem Hintergrund wollen die Kanalbetreiber zusätzlich zu den drei Flüssen, die den Kanal bereits mit Wasser speisen, vier weitere umleiten. Das Projekt soll in zehn Jahren umgesetzt sein und rund zwei Milliarden Dollar kosten.