Betrug mit dem grünen Mittelmeergold
Trockenheit und Missernten machen Olivenöl zu einem immer teureren und kargeren Gut. Damit mehren sich die Betrügereien – von gepanschten Ölen bis zu falschen Etiketten.
Belgrad/Ljubljana. Selbst einen kleinen Mittelmeeranrainer können große Branchensorgen plagen. Als „niederschmetternd“bezeichneten die Lebensmittelinspektoren von Sloweniens staatlicher SpiritAgentur in der vergangenen Woche die Ergebnisse ihrer Überprüfung der heimischen Olivenöle: Von 34 Stichproben, die das zuständige Forschungslabor in Isola 2023 analysierte, konnte nur ein Drittel als „fehlerfrei“klassifiziert werden.
Ob mit minderwertigen Ölen gepanscht, gestreckt oder zwecks Konsumententäuschung bewusst falsch und fehlerhaft etikettiert: Die Olivenölbranche sei weltweit einer der „betrügerischsten“Geschäftssektoren, klagt gegenüber dem TVSender RTV Slovenija die für die Analyse von Olivenöl zuständige Laborantin Milena Bucar Miklavcic in Isola: Viele Mittel würden in die Produktion von verfälschten Ölen investiert. Die genaue Zusammensetzung dieser Produkte sei oft nur schwer zu analysieren und nachzuweisen.
Ein „Mix von verschiedenen Faktoren“– wie die stark gestiegenen Preise, verringerte Produktionsmengen und die erhöhte Nachfrage – habe „einen perfekten Nährboden“für betrügerische Olivenölproduzenten geschaffen, sagt die EU-Polizeibehörde Europol in Den Haag und schlägt Alarm. Tatsächlich haben Dürren und Missernten das „grüne Mittelmeergold“zu einem immer teureren und kargeren Gut werden lassen. 260.000 Liter gepanschtes Öl
Allein beim weltweit größten Olivenölproduzenten, Spanien, ist die jährliche Produktionsmenge im vergangenen Jahr mit 665.800 Tonnen um mehr als die Hälfte geschrumpft. Gleichzeitig kletterten die Preise je nach Güteklasse um 60 bis 80 Prozent. Nach Angaben des Fachportals „oliveoiltimes.com“ist wegen der anhaltenden Trockenheit auch 2024 kaum mit sinkenden Preisen zu rechnen.
Mit den sprunghaft gestiegenen Preisen mehren sich nicht nur die Olivenöldiebstähle in Lagerhäusern und Ölmühlen, sondern auch die Betrügereien. Bei von Europol koordinierten Polizeirazzien bei Betrieben in Spanien und Italien konnten im November immerhin 260.000 Liter gepanschtes Öl konfisziert und elf Verdächtige verhaftet werden.
Verwirrende Klassifizierung
Doch die Grauzone ist groß. Denn vermeintliches natives Olivenöl wird nicht nur illegal mit Sonnenblumen-, Nuss- oder Traubenölen gepanscht, sondern – bei korrekter Etikettierung – ganz legal auch mit minderwertigen Olivenölen gestreckt. Bei der Kundentäuschung durch falsche, irreführende oder unvollständige Etiketten sind auch aufmerksame Konsumenten angesichts der verwirrenden Klassifizierungen
der Olivenöle oft überfordert. Denn von den acht von der EU definierten Güteklassen sind nur vier für den Verzehr geeignet, die anderen müssen raffiniert, gemischt und aufgearbeitet werden.
Wer im Supermarkt eine Flasche Billigolivenöl für fünf bis zwölf Euro ersteht, erhält in der Regel kein naturbelassenes Produkt, sondern minderwertiges und raffiniertes Öl, das nach Zumischung von nativen Ölen der Güteklassen 1 („Natives Olivenöl Extra“) und 2 („Natives Olivenöl“) als „Olivenöl“verkauft werden kann. Doch das Mischverhältnis der manchmal fälschlicherweise als „vergine“oder „extra vergine“deklarierten Mischöle ist nicht genau festgelegt.
Selbst ohne Verfälschung ist somit nicht immer ganz klar, welche Qualität die jeweiligen Produkte tatsächlich haben.
Schlecht lesbare Angaben
Dazu kommt, dass selbst auf den Etiketten richtig klassifizierter Öle oft das Erntejahr der Oliven, die genaue Herkunft und Zusammensetzung sowie der Einsatz chemischer Geschmacksverfeinerer und Farbaufheller nur schwer zu erkennen sind. Häufig wird selbst auf den Flaschenetiketten von bekannten italienischen Olivenölproduzenten der Hinweis auf eine „Mischung aus EU und Nicht-EU-Ländern“nur in sehr kleinen und kaum mehr lesbaren Lettern vermerkt.