Seriöse Hilfe aus dem Internet
Einfach und leicht zu merken. Ein Team aus Krems hat diese sieben Punkte als Checkliste zusammengestellt. Damit lassen sich bei Gesundheitsfragen vertrauenswürdige Informationen auf Webseiten besser erkennen.
Als Ursula Griebler vor Kurzem im Internet nach Informationen zu Kindern mit ADHS (Aufmerksamkeitsmangel und Hyperaktivität) suchte, kam ihr etwas komisch vor: „In allen Beiträgen auf der Website wurde erwähnt, dass die medikamentöse Behandlung gut wirke. Dann habe ich im Impressum nachgeschaut, und ja: Die Website war von Herstellern der ADHS-Medikamente.“
Griebler forscht am Zentrum für Evaluation in Krems und hat soeben das Projekt „Infos ohne Nebenwirkung“abgeschlossen. Gemeinsam mit vier Departments der Universität für Weiterbildung (vormals Donau-Uni Krems) wurde eine kurze Checkliste entwickelt, wie man vertrauenswürdige Informationen auf Gesundheitswebsites von nicht vertrauenswürdigen unterscheiden kann. Taucht etwa bei einem Bericht über ein Gesundheitsproblem eine Werbung für eine Therapie dagegen auf, sollte man vorsichtig sein.
Wahrheitsgehalt prüfen
Wichtige Inputs für das Projekt „Infos ohne Nebenwirkung“kamen aus der Plattform „Medizin transparent“, die seit vielen Jahren Einsendungen von Leserinnen und Lesern auf den Wahrheitsgehalt prüft und auch an der Uni in Krems angesiedelt ist. Bei der täglichen Arbeit mit Falschmeldungen aus dem Internet oder mit Informationen, denen die Unabhängigkeit fehlt, wurde schnell klar, dass es bessere Werkzeuge für Laien braucht, um seriöse Seiten zu Gesundheitsfragen im Internet ausfindig zu machen.
Als negatives Beispiel, wie unseriöse Nachrichten aufbereitet sind, nennt Griebler die Website eines Arztes, der Marillenkerne als natürliche Chemotherapie bewarb. „Dieser Mythos hält sich schon lang. Es wird behauptet, dass der Wirkstoff Amygdalin aus den Kernen
nur die Krebszellen angreift, andere Zellen nicht“, erzählt Griebler. Als Vitamin B17 wird der Stoff bezeichnet, doch dieses Vitamin gibt es gar nicht. „Da erkennt man, dass nur einseitig berichtet wird: Weder Nebenwirkungen noch Vorund Nachteile der Therapie sind aufgeführt. Es fehlt auch die Info, was bei einer Überdosierung passiert.“Immerhin kann sich ein Mensch ordentlich vergiften, wenn er zu viele Marillenkerne verspeist.
Für medizinische Laien ist so eine Website aber kaum von seriösen zu unterscheiden. „Oft ist schwer einzuschätzen, wie gut die wissenschaftliche Datenlage ist“, sagt Griebler. Wenn nie dabei steht, wie gut oder schlecht die Behauptung wissenschaftlich abgesichert ist, gilt das als Warnzeichen.
Quellen und Nebenwirkungen
Wichtig ist auch, ob die Website Quellenangaben hat. Doch unseriöse Seiten geben auch irgendwelche Quellen an, die oft schwierig nachzuverfolgen sind. „Daher sind alle sieben Punkte in unserer
Checkliste relevant: Je mehr davon erfüllt sind, umso vertrauenswürdiger sind die Informationen“, sagt Griebler. Sie kontrolliert meist zuerst, ob die Website von einer unabhängigen Einrichtung kommt, und zweitens, ob ausgewogen über Vor- und Nachteile der Behandlung sowie über Nebenwirkungen berichtet wird.
Das Eindampfen der zahlreichen Kriterien, die seriöse Webseiten auszeichnen, war gar nicht so einfach. Nach langer Literaturrecherche und dem Durchforsten von Checklisten hatten die Forschenden 450 Punkte gesammelt, die unseriöse Gesundheitsinformationen entlarven können.
Gemeinsam mit Fachleuten sortierte das Projektteam aus: Welche der Hinweise sind zweckmäßig, welche sind gut anwendbar? So kamen sie auf 23 Punkte, die anschließend Leuten vorgelegt wurden, die keinen Uni-Abschluss und keinen medizinischen Hintergrund haben, aber regelmäßig im Internet unterwegs sind.
Die fachfremden Personen wurden genau über Verständlichkeit und Anwendbarkeit der 23 Punkte befragt und zu Tests gebeten, um die relevantesten Hinweise herauszufinden: Was ist unklar oder unverständlich? Wie könnte man die Punkte anders formulieren? Was wird von Laien anders wahrgenommen als von Fachleuten?
Verständlich für alle Leute
„Da sind so einfache Dinge weggefallen wie, dass ein reißerischer Titel wenig vertrauenswürdig ist“, sagt Griebler. Nicht alle Nutzerinnen und Nutzer haben das Wort „reißerisch“verstanden. Auch das Checken von Hintergrundinfos fällt vielen schwer, etwa das Kontrollieren des Methodenmanuals (Handbuch) auf der Website.
„Zusätzlich zu den Tests mit den Laiinnen und Laien an 15 Webseiten haben auch wir aus dem Team der Universität für Weiterbildung 100 Seiten nach den Kriterien angeschaut : Welche Punkte auf der Checkliste sprechen für die Richtigkeit der Informationen?“, erzählt Griebler. Oft stimmt die tatsächliche Evidenz für eine Therapie nicht mit der im Internet behaupteten Evidenz überein. Am Ende der Studie kamen die sieben Punkte auf die Liste, die für alle verständlich, relevant und leicht anzuwenden sind – und die eine korrekte Information auszeichnen.