Die Presse

Die fröhliche Patina des Upcyclings

PR-Expertin und Autorin Eva Primavesi wohnt seit 24 Jahren im 9. Bezirk in einer gemütliche­n Altbauwohn­ung mit viel selbst Designtem und Gebautem sowie mit Geerbtem.

- VON DORIS BARBIER

Breites Stiegenhau­s, hohe Räume, altes Parkett: „Eine wunderschö­ne Atmosphäre. Man kann in der Wohnung im Kreis gehen, früher gab’s etliche BobbyCar-Wettrennen“, erzählt Eva Primavesi. Die Wohnung liegt in einer ruhigen Seitengass­e im 9. Bezirk, „in 15 Minuten bin ich mit den Öffis in der Innenstadt, in 30 Minuten im Wienerwald. Ich brauche kein Auto, eine perfekte Lage.“

Nach vielen Reisen am Ende des WU-Studiums „wollte ich 2000 meine eigenen vier Wände“. Sie suchte eine Garçonnièr­e und fand die 85-m2-Wohnung im 1. Stock per Annonce. „Perfekt für eine WG mit Freundinne­n“, heute groß genug für die dreiköpfig­e Familie. Da es eine Schauwohnu­ng war, konnte sie sofort einziehen. Vorraum und Bad übernahm sie daher mit hellgrauem Marmor verfliest. „Leider furchtbar empfindlic­h.“

Zwei große Zimmer gehen Richtung Straße, Vorraum, Wohnküche und Bad Richtung Innenhof. „Unser verlängert­es Wohnzimmer ist der Sobieskipl­atz um die Ecke. Herrliche alte Bäume, Kopfsteinp­flaster, Parkbänke und ein Brunnen. Gastronomi­e, Kindergart­en,

Schule. „Wie in einem Dorf.“Die ruhige Gasse ist relativ schmal, „im Winter ist es sehr dunkel, und durch die großen Altbau-Eingangstü­ren zieht es sehr kalt herein“, erzählt Primavesi. Im Sommer bleibt es dafür angenehm kühl.

Design-affine Ausgestalt­ung

Das ehemalige Wohnzimmer wurde zum Kinderzimm­er, aus der Küche eine Wohnküche. Mit Corona und häufigerem Homeoffice wurde das große Schlafzimm­er zur Hälfte zum Büro umfunktion­iert. „Meinem Partner und mir war es wichtig, eine schöne Arbeitsatm­osphäre, aber auch eine geruhsame

Schlafatmo­sphäre zu kreieren.“Beide sind sehr design-affin, lieben Fotografie, Upcycling und Flohmärkte. „Unlängst hat mein Partner aus Treibholz vom Attersee wunderbare Nachtkaste­n-Lampen kreiert. Sie passen wunderbar zu den Componibil­i-Designklas­sikern.“Aus alten Apple-Computern wurde ein Couchtisch mit Stauraum. Fotos als Schiele-Interpreta­tion aus übermalten Polaroids hängen überall in der Wohnung. Kleine Werke befreundet­er Künstler mischen sich darunter.

Von ihrer Großmutter erbte Primavesi „diese Dreier-Tischchen, die man stapeln kann. Wenn man

ZUM ORT, ZUR PERSON

Der Himmelpfor­tgrund rund um den Sobieskipl­atz war bis zum Jahr 1850 eine Vorstadt und ist heute Teil des Wiener Gemeindebe­zirks Alsergrund. Der Name leitet sich vom Himmelpfor­tkloster ab, nach dessen Aufhebung um 1783 das Gebiet bebaut wurde. Eigentumsw­ohnungen im 9. Bezirk kosten heute im Bestand rund 5450 Euro pro Quadratmet­er, im Neubau Erstbezug rund 7500 Euro/m2. Eva Primavesi ist in Wien als PR-Expertin und Autorin („Von unsichtbar zum Pressestar“) tätig. genau hinsieht, sieht man, dass sich die Brüder meiner Großmutter im Kindesalte­r mit Namen an der schmalen Seite eines Tischchens verewigt haben.“Von den Großeltern hat sie auch den Persertepp­ich geerbt. „Mittlerwei­le über 100 Jahre alt. So lang hält kein moderner Teppich.“

Bunte Wände

Auch die alte Bialetti-Mokkamasch­ine war ein Geschenk der Großeltern. „Dieses Modell ist nicht mehr erhältlich, dabei ist das runde Design wirklich klasse. Selbst nach über 20 Jahren ist der tägliche Kaffee einfach der beste.“Im Kinderzimm­er wurde für den Sohn ein Bett nach Wunsch gebaut: Einfache Ikea-Regale wurden dafür in UForm aufgestell­t und ein Lattenrost daraufgele­gt.

Primavesis Lieblingsp­latz ist definitiv die Wohnküche. Eine Wand ist weinrot, die andere sonnengelb. Das Vorzimmer ist hellgrün. „Ich mag es gern bunt.“Hier wird gemeinsam gekocht, gegessen, Serien geschaut oder gezockt. „Wenn Freunde und Familie kommen, zwängen wir uns um den ziemlich kleinen Esstisch zusammen. Platz ist in der kleinsten Hütte, nicht wahr?“

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