Israel geht an die Grenze
„Sisi hat die Muslimbruderschaft in Ägypten zerstört“, sagte Landis. „Das Letzte, was er will, sind Tausende neue radikalisierte Islamisten in seinem Land.“
Omar Rahman von der Denkfabrik Middle East Council in Katar weist darauf hin, dass radikale Islamisten auf der SinaiHalbinsel schon von dem Ausbruch des Gaza-Kriegs ein Problem für Sisis Regime waren. „Millionen traumatisierter und wütender Flüchtlinge“auf der Sinai-Halbinsel würden die Region weiter destabilisieren, sagte Rahman der „Presse“.
Auch aus außenpolitischen Gründen stemmt sich Ägypten gegen eine Massenflucht aus Gaza. Rechtsradikale israelische Politiker fordern die permanente Vertreibung der Palästinenser aus dem Gazastreifen. Kairo wolle nicht zum unfreiwilligen Helfer bei dieser „ethnischen Säuberung“werden, sagt Landis.
Verhindern will Sisi den Massenansturm aus dem Gazastreifen mit militärischen und diplomatischen Mitteln. Die ägyptische Armee schickte jetzt rund 40 Panzer und gepanzerte Mannschaftswagen an die Grenze zu Gaza, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Nach
Kriegsausbruch im Oktober hatte Ägypten bereits einen Betongrenzwall errichtet; die Mauer reicht sechs Meter tief ins Erdreich, um es der Hamas zu erschweren, die Grenze zu untertunneln.
Frieden steht auf dem Spiel
Zudem nutzen ägyptische Regierungsvertreter laut Medienberichten jede Gelegenheit, über westliche Gesprächspartner eine Warnung an Israel zu schicken: Eine Großoffensive in Rafah wäre das Ende des ägyptisch-israelischen Friedensvertrags von 1979, des ersten Vertrags zwischen Israel und einem arabischen Staat. Zuletzt gab die ägyptische Regierung diese Botschaft dem amerikanischen Außenminister, Antony Blinken, mit auf den Weg nach Israel, wie die „New York Times“meldete. In direkten Kontakten mit israelischen Militärs forderten ägyptische Offiziere, Israel solle seine Militärschläge auf Hamas-Ziele in Rafah begrenzen. Vor allem hofft die ägyptische Regierung auf die angestrebte Feuerpause. Außenminister Shoukry sagte, Kairo bemühe sich, die Positionen von Israel und der Hamas auf einen Nenner zu bringen. Doch die Verhandlungen seien „komplex“.