Wenn Geld übrig bleibt – tilgen oder investieren?
Geld. Die Inflation ist zwar der Feind eines Sparers, aber der Freund eines Schuldners: Vor allem bei Krediten mit niedriger Verzinsung lohnt sich ein genauer Blick auf die Rückzahlung.
Kredite sind wieder ein teures Vergnügen geworden: War es in den vergangenen Jahren noch einfach möglich, Dinge fremdzufinanzieren und ohne hohen Zinszusatzbetrag zurückzuzahlen, werden aktuell rund fünf Prozent an Zinsen fällig. Das lässt manche Investorinnen und Investoren durchaus mehrmals über eine Kaufentscheidung nachdenken.
Und eine weitere Frage drängt sich auf: Wenn ein unerwarteter Geldbetrag auftaucht – soll man damit seine Schulden zurückbezahlen oder das Kapital investieren? Was lohnt sich auf weite Sicht mehr?
Grundsätzlich gelten Schulden in Österreich als verpönt, oft gilt hierzulande der Gedanke: Je eher die Schulden weg sind, umso besser. Aber ist das am Ende tatsächlich die ökonomisch beste Option?
Ganz so einfach ist diese Frage nicht zu beantworten, es geht vorrangig darum, wofür die Schulden aufgenommen wurden. Wenn es sich um Konsumkredite handelt, lässt sich die Frage mit einem klaren Ja beantworten.
Üblicherweise ist diese Art von Krediten mit hohen Zinssätzen belastet. Der effektive Jahreszinssatz liegt bei einem Betrag in Höhe von 5000 Euro bei etwa zwölf oder 13 Prozent.
Immobilienkredite
Ganz anders sieht es aber aus, wenn es sich um Hypothekarkredite handelt: also Immobilienkredite. Auch dann stellt sich aber noch die Frage, wann der Kredit abgeschlossen wurde. Vor wenigen Jahren waren Fixzinsperioden von bis zu 15 Jahren für weit unter zwei Prozent, zum Teil sogar unter einem Prozent zu haben. Inzwischen kostet eine 15-jährige Fixierung wieder durchschnittlich 3,7 Prozent. Der fixe Zinssatz ist damit günstiger als der variable. Das hat den Hintergrund, dass Banken mit ihren Zinssätzen die Zukunft abbilden. Nachdem viele Ökonomen und Experten bereits wieder von Zinssenkungen im Lauf des ersten Halbjahres 2024 ausgehen, ist dieser nun schon günstiger zu haben.
Das Phänomen, Geld anzulegen und das Kapital daraus zur Tilgung zu nutzen, ist übrigens nicht neu. In Zeiten höherer Zinsen war die Er- und Ablebensversicherung eine begehrte Geldanlage und gleichzeitig Kreditsicherheit. Heute dient sie primär zur finanziellen Absicherung bei mehreren Kreditnehmern. Beliebter werden fondsgebundene Lebensversicherungen, deren Einzahlung aus der Versicherungsprämie für den Ablebensfall und aus der Geldanlage in Investmentfonds besteht.
Wer noch ein günstiges Darlehen mit einem Zins von unter zwei Prozent laufen hat, macht ein schlechtes Geschäft, wenn er Sondertilgungen leistet. Denn für risikolose Sparprodukte wie Festgeld gibt es mittlerweile fast vier Prozent, also mehr, als die normale Tilgung oder Sondertilgung bringt.
Pönale für Sonderzahlung
Statt die Hypothek schneller abzustottern, lockt ein Zinsgewinn, wenn das Geld in einem Sparprodukt angelegt und mit den Erträgen daraus dann später der Kredit abgelöst wird. Etwa, wenn die Fixzinsperiode ausläuft – anschließend ist der Kredit variabel verzinst. Für langfristiges Sparen kann es sich auch lohnen, das Geld der Sondertilgung in einen ETF-Sparplan zu stecken, der das Kapital breit gestreut in Aktien anlegt.
Aber Vorsicht: Sondertilgungen sind nicht immer kostenfrei möglich: Es gilt zwischen Verträgen vor und nach dem Verbraucherkreditgesetz per 11. Juni 2010 zu differenzieren. Außerdem gibt es Unterschiede zwischen Fixzinsbindungen, variabel verzinsten Krediten und Bauspardarlehen. Ohne Vertragsstrafe
und Zusatzspesen ist eine jährliche Sondertilgung bis zu 10.000 Euro für Verträge nach dem Juni 2010 möglich. Sonst werden z. T. hohe Pönalen verrechnet. Wer sich dabei nicht sicher ist, sollte die Einzahlung vorab ankündigen.