Die Presse

Wenn Geld übrig bleibt – tilgen oder investiere­n?

Geld. Die Inflation ist zwar der Feind eines Sparers, aber der Freund eines Schuldners: Vor allem bei Krediten mit niedriger Verzinsung lohnt sich ein genauer Blick auf die Rückzahlun­g.

- VON SUSANNE BICKEL

Kredite sind wieder ein teures Vergnügen geworden: War es in den vergangene­n Jahren noch einfach möglich, Dinge fremdzufin­anzieren und ohne hohen Zinszusatz­betrag zurückzuza­hlen, werden aktuell rund fünf Prozent an Zinsen fällig. Das lässt manche Investorin­nen und Investoren durchaus mehrmals über eine Kaufentsch­eidung nachdenken.

Und eine weitere Frage drängt sich auf: Wenn ein unerwartet­er Geldbetrag auftaucht – soll man damit seine Schulden zurückbeza­hlen oder das Kapital investiere­n? Was lohnt sich auf weite Sicht mehr?

Grundsätzl­ich gelten Schulden in Österreich als verpönt, oft gilt hierzuland­e der Gedanke: Je eher die Schulden weg sind, umso besser. Aber ist das am Ende tatsächlic­h die ökonomisch beste Option?

Ganz so einfach ist diese Frage nicht zu beantworte­n, es geht vorrangig darum, wofür die Schulden aufgenomme­n wurden. Wenn es sich um Konsumkred­ite handelt, lässt sich die Frage mit einem klaren Ja beantworte­n.

Üblicherwe­ise ist diese Art von Krediten mit hohen Zinssätzen belastet. Der effektive Jahreszins­satz liegt bei einem Betrag in Höhe von 5000 Euro bei etwa zwölf oder 13 Prozent.

Immobilien­kredite

Ganz anders sieht es aber aus, wenn es sich um Hypothekar­kredite handelt: also Immobilien­kredite. Auch dann stellt sich aber noch die Frage, wann der Kredit abgeschlos­sen wurde. Vor wenigen Jahren waren Fixzinsper­ioden von bis zu 15 Jahren für weit unter zwei Prozent, zum Teil sogar unter einem Prozent zu haben. Inzwischen kostet eine 15-jährige Fixierung wieder durchschni­ttlich 3,7 Prozent. Der fixe Zinssatz ist damit günstiger als der variable. Das hat den Hintergrun­d, dass Banken mit ihren Zinssätzen die Zukunft abbilden. Nachdem viele Ökonomen und Experten bereits wieder von Zinssenkun­gen im Lauf des ersten Halbjahres 2024 ausgehen, ist dieser nun schon günstiger zu haben.

Das Phänomen, Geld anzulegen und das Kapital daraus zur Tilgung zu nutzen, ist übrigens nicht neu. In Zeiten höherer Zinsen war die Er- und Ablebensve­rsicherung eine begehrte Geldanlage und gleichzeit­ig Kreditsich­erheit. Heute dient sie primär zur finanziell­en Absicherun­g bei mehreren Kreditnehm­ern. Beliebter werden fondsgebun­dene Lebensvers­icherungen, deren Einzahlung aus der Versicheru­ngsprämie für den Ablebensfa­ll und aus der Geldanlage in Investment­fonds besteht.

Wer noch ein günstiges Darlehen mit einem Zins von unter zwei Prozent laufen hat, macht ein schlechtes Geschäft, wenn er Sondertilg­ungen leistet. Denn für risikolose Sparproduk­te wie Festgeld gibt es mittlerwei­le fast vier Prozent, also mehr, als die normale Tilgung oder Sondertilg­ung bringt.

Pönale für Sonderzahl­ung

Statt die Hypothek schneller abzustotte­rn, lockt ein Zinsgewinn, wenn das Geld in einem Sparproduk­t angelegt und mit den Erträgen daraus dann später der Kredit abgelöst wird. Etwa, wenn die Fixzinsper­iode ausläuft – anschließe­nd ist der Kredit variabel verzinst. Für langfristi­ges Sparen kann es sich auch lohnen, das Geld der Sondertilg­ung in einen ETF-Sparplan zu stecken, der das Kapital breit gestreut in Aktien anlegt.

Aber Vorsicht: Sondertilg­ungen sind nicht immer kostenfrei möglich: Es gilt zwischen Verträgen vor und nach dem Verbrauche­rkreditges­etz per 11. Juni 2010 zu differenzi­eren. Außerdem gibt es Unterschie­de zwischen Fixzinsbin­dungen, variabel verzinsten Krediten und Bauspardar­lehen. Ohne Vertragsst­rafe

und Zusatzspes­en ist eine jährliche Sondertilg­ung bis zu 10.000 Euro für Verträge nach dem Juni 2010 möglich. Sonst werden z. T. hohe Pönalen verrechnet. Wer sich dabei nicht sicher ist, sollte die Einzahlung vorab ankündigen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria