Im Kampf gegen Corona infiziert: keine Rente
Eine 2020 im Sanitätsstab tätige Mitarbeiterin leidet bis heute unter den Folgen des Virus. Laut OGH liegt kein Dienstunfall vor.
Während viele Menschen schon aus dem sicheren Home-Office arbeiteten, musste die Frau im Frühjahr 2020 in einem Großraumbüro tätig sein. Regelmäßig zehn oder noch mehr Mitarbeiter waren dabei nebeneinander zugegen. Es gab keine Plexiglasscheiben und in dieser frühen Pandemiezeit auch keine FFP2-Masken im Büro.
Die Frau war als Mitarbeiterin eines Landes im Sanitätsstab tätig und wegen der Pandemie im Einsatz. Der Arbeitsaufwand war hoch, teils übernachtete die Bedienstete am Dienstort. Für die Fahrt dorthin wurde der Frau ein Chauffeur bereitgestellt. Doch die Frau infizierte sich mit Corona und leidet bis heute an den Folgen. Hat sie deswegen ein Recht auf Versehrtenrente? Eine Frage, die damit zusammenhängt, ob man ihr Leid als Arbeitsunfall sehen muss.
Dass die Frau sich im Büro infiziert hat, scheint gut möglich. Sie war vom 2. bis 4. April und vom 6. bis 8. April 2020 an ihrem Arbeitsplatz tätig. Ihr Kind war seit Mitte März nicht mehr im Kindergarten. Die Frau war im April nur einmal einkaufen, dies mit einer OP-Maske. Zwar erhielt die Frau am 1. April eine viereinhalbstündige Infusion in einer Ordination, in der sie keine
Maske trug. Sie war aber allein im Raum. Am 11. April wurde die Pandemiebekämpferin selbst positiv auf Covid getestet, auch bei zwei Kollegen sollte der Test anschlagen. Die Frau braucht bis heute ärztliche Betreuung.
Nicht in der Liste erwähnt
Die Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter lehnte es ab, eine Ansteckung mit Corona als Dienstunfall anzuerkennen. Das Landesgericht St. Pölten sah auch keinen Grund dafür. Krankheiten seien über die Unfallversicherung nur versichert, wenn sie in Anlage 1 zum ASVG als Berufskrankheit erwähnt werden.
Darin stehen etwa die Wurmkrankheit der Bergleute oder durch einen Zeckenbiss entstandene Krankheiten bei Forstarbeitern. Krebs z. B. kann in allen Branchen eine Berufskrankheit darstellen. Bei Infektionskrankheiten, wie Corona eine ist, werden wieder konkrete Berufe genannt: etwa Spitalsund Schulbedienstete, Kindergärtner, Apotheker oder Angestellte im Gesundheitsdienst und in medizinischen Labors.
Der Gesetzgeber habe sich bei dieser Aufzählung etwas gedacht, meinte auch das Oberlandesgericht Wien. Wenn die Branche der Frau nicht genannt werde, könne
man ihre Krankheit nicht unabhängig davon über den generellen Unfallbegriff anerkennen. Eine Ansteckung, die man zunächst gar nicht merke, dürfe auch nicht mit einer „unfallähnlichen“Verursachung wie etwa einem Zeckenbiss, Insektenstich oder einem Ereignis mit einer infizierten Nadel gleichgesetzt werden.
Erstmals von OGH zu klären
Der Oberste Gerichtshof (OGH) betonte, erstmals klären zu müssen, ob eine Infektion einen Dienstunfall darstellen könne. Und da Covid-19 durch ein „plötzliches Eindringen“der Erreger entstehe, erscheine es nicht ausgeschlossen, die Infektion als Dienstunfall zu qualifizieren. Gegen eine Anerkennung
spreche aber die Liste der Berufskrankheiten.
Und der Gesetzgeber habe etwa beim Zeckenbiss auch den Biss extra erwähnt. „Somit sieht offenbar selbst der Gesetzgeber das mögliche Unfallereignis nicht im ‚plötzlichen Eindringen‘ des Virus (FSME) oder der Bakterien (Borreliose) in den Körper, sondern im (unfallartigen) Zeckenbiss.“
Im Ergebnis habe der Gesetzgeber durch die Erwähnung der Infektionskrankheiten
und der dazu extra angeführten Berufsgruppen eine bewusste Einschränkung getroffen, meinten die Höchstrichter (10 ObS 85/23g). Man könne bei solchen Ereignissen deswegen nicht noch allgemein mit dem Unfallbegriff argumentieren, sofern kein unfallartiges Ereignis (Insektenstich, Biss, infizierte Nadel) vorliege.
Mangels Dienstunfalls erhält die Frau keine Versehrtenrente.