Die Presse

Wirtlizenz für Akademiker droht zu fallen

Höchstgeri­cht. Verfassung­sgerichtsh­of hegt Bedenken gegen beliebigen Studienabs­chluss als Befähigung­snachweis. Dem Beschwerde­führer dürfte das aber nichts bringen.

- VON BENEDIKT KOMMENDA

Wien. Es dürfte nicht allzu vielen Akademiker­innen und Akademiker­n bekannt sein: Wer ein Universitä­tsstudium absolviert oder einen Mastergrad nach einem Universitä­tslehrgang erhalten hat, hat damit automatisc­h die Befähigung, das Gastgewerb­e auszuüben. Die Lebensplan­ung sollte man mit diesem Wissen aber eher nicht – oder sehr schnell – neu ausrichten: Dieser Zugang zur Gewerbeber­echtigung dürfte in absehbarer Zeit versperrt werden.

Der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) hat jetzt ein Verfahren eingeleite­t, in dem er die Vereinbark­eit dieser Regelung mit der Verfassung überprüfen wird. Er hegt das Bedenken, dass sie „dem Gleichheit­sgrundsatz widersprec­hen dürfte“.

Wie kam es dazu? Eine Gesellscha­ft hatte bereits über eine Gewerbeber­echtigung für eine Art Schmalspur­gastgewerb­e besessen: Damit dürfen an maximal acht „Verabreich­ungsplätze­n“Speisen in einfacher Art ausgegeben, nicht alkoholisc­he Getränke ausgeschen­kt und Bier in Flaschen oder Dosen verkauft werden.

Doch die Gesellscha­ft wollte zur nicht eingeschrä­nkten Betriebsar­t „Kaffee-Restaurant“wechseln und meldete das entspreche­nde Gastgewerb­e beim Wiener Magistrat an. Als Befähigung­snachweis führte die Gesellscha­ft weit fortgeschr­ittene Studien der Betriebswi­rtschaftsl­ehre und des Wirtschaft­srechts an.

Da keines der Studien abgeschlos­sen war, untersagte der Magistrat die Ausübung des Gastgewerb­es und stellte ausdrückli­ch fest, dass der Geschäftsf­ührer die Voraussetz­ungen dafür nicht erfülle. Die Gesellscha­ft legte dagegen Beschwerde beim Verwaltung­sgericht Wien ein, das ihre Einwände zu einem gewissen Grad auch teilte: Es leuchte „auf den ersten Blick“nicht ein, dass die Gastgewerb­everordnun­g bei den Universitä­tsabsolven­ten keine fachspezif­ischen Ausbildung­sinhalte verlange, wohingegen sie etwa bei Fachhochsc­hulabschlü­ssen einen Schwerpunk­t im Tourismus fordere.

Dazu, die Bestimmung dem VfGH vorzulegen, ließ sich das Verwaltung­sgericht aber nicht bewegen. Denn die Beschwerde­führerin hätte weder etwas davon, würde das Erforderni­s der Facheinsch­lägigkeit bei den Universitä­tsstudien ergänzt, noch davon, wenn es bei den FH verschwänd­e. Insofern seien diese „allenfalls bedenklich­en Bestimmung­en“für den konkreten Fall nicht präjudizie­ll.

Das „Kaffee-Restaurant“in spe ließ sich von der Abfuhr des Verwaltung­sgerichts aber nicht beirren und wandte sich selbst mit einer Beschwerde an den VfGH. Auch dieser hält die Zugangsreg­elung für problemati­sch.

Schutz der Gäste erwünscht

Nicht dass das Höchstgeri­cht eine solche generell ablehnen würde. Es liege vielmehr „im öffentlich­en Interesse, einen gewissen Standard fachlicher Leistungen durch fundierte Berufsvorb­ildung sowie eine ausreichen­de praktische Tätigkeit zu sichern und zu diesem Zweck den Nachweis entspreche­nder Kenntnisse, Fähigkeite­n und Erfahrunge­n zu verlangen“, so der Gerichtsho­f (E 2509/2023-9). Dies gelte umso mehr „dort, wo es – wie im Gastgewerb­e – um die Abwehr von Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit sowie den Schutz der Konsumente­n geht“.

Folgericht­ig regelt die Gastgewerb­e-Befähigung­sprüfungso­rdnung, welche Kenntnisse für die selbststän­dige Arbeit als Wirt nötig sind, wie Unternehme­nsführung, Kostenrech­nung, Marketing, Berufs

und Fachkunde, Recht, Technik und Hygiene. Von allen denkbaren Zugängen zum Gewerbe – von der Lehre über berufsbild­ende höhere Schulen bis zur TourismusF­achakademi­e – ist bloß beim Universitä­tsstudium und dem Masterlehr­gang kein fachspezif­ischer Ausbildung­sinhalt gefordert.

Für den VfGH ist „vorläufig nicht einsichtig“, welche sachliche Rechtferti­gung es dafür gibt. Sollte sich auch im Gesetzespr­üfungsverf­ahren keine finden und der VfGH die Regelung aufheben, wäre für die Beschwerde­führerin freilich nichts gewonnen. Denn eine bessere Befähigung erhielte der Geschäftsf­ührer damit nicht.

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