Die Presse

Wer weiß, woher das Wort Gschnas kommt?

Sagen Sie niemals Faschingsp­arty dazu: Über die Wurzeln eines urwieneris­chen Begriffs.

- VON ERICH KOCINA

Sagt man das heute eigentlich noch? Ein bisschen Patina schwingt schon mit, wenn man heute davon spricht, dass man auf ein Gschnas geht. Allerdings ist das Wort einfach um so viel aussagekrä­ftiger als etwa Kostümball oder Faschingsp­arty. Bei Gschnas weiß man, dass es nicht um Etikette geht, sondern dass man einfach ungezwunge­n den Fasching begeht. Allein, warum sagt man eigentlich Gschnas dazu? Gut, dass Sie fragen, darüber wollte ich ohnehin gerade dozieren.

Manche erinnern sich vielleicht noch an die Zeit, als man im Mittelhoch­deutschen mit „sneise“eine Reihe von gleicharti­gen Dingen bezeichnet­e. Daraus entwickelt­e sich das „Geschneise“, das vor allem wertloses Zeug bezeichnet­e, etwa Baumreisig, aber auch Schnüre oder Fäden. Das umgangsspr­achliche „Gschnas“wurde in der Wiener Mundart später unter anderem für wertlose Kunsterzeu­gnisse verwendet, aber auch für Blendwerk oder unechtes Zeug.

Gut und schön, aber was hat das mit einem Faschingsf­est zu tun? Die naheliegen­dste Variante ist die, dass man sich eben mit allerlei zerschliss­ener, abgetragen­er Kleidung kostümiert hat und so zum Gschnas gegangen ist – der ebenfalls sehr österreich­ische Begriff Fetzenball beschreibt dasselbe Phänomen.

Die ersten Gschnase fanden in Wiens Künstlersz­ene statt. So lud die Genossensc­haft der Bildenden Künstler Wien am 24. Februar 1868 zum Fest und verwendete dafür auf der Eintrittsk­arte den Begriff „Gschnas“. Prominente wie Gustav Klimt, Egon Schiele, Otto Kokoschka und viele mehr warfen sich dafür in Kostüme. Bis in die 1960er-Jahre war das Künstlergs­chnas im Künstlerha­us ein gesellscha­ftliches Highlight, ehe es 1984 zum letzten Mal begangen wurde – mit dem kurzen Versuch eines Revivals 2011. Tja, und wer geht heute noch auf ein Gschnas? Und sagt man das heute eigentlich noch?

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