Nur wer feiert, darf nach Österreich?
Über eine Leitkultur kann man reden, Raabs Definition aber verwundert.
Die ÖVP macht sich Gedanken um die Leitkultur. Das ist in Zeiten starker Zuwanderung legitim. Wie aber definiert man Leitkultur? „Es geht um gesellschaftliche Grundwerte, Gleichberechtigung und Meinungsäußerungsfreiheit und natürlich geht es auch darum, was unser Zusammenleben in Österreich auszeichnet, wozu auch gesetzliche Feiertage gehören können“, erklärte Integrationsministerin Susanne Raab dem „Kurier“. Während die ersten Punkte logisch klingen, lässt einen die FeiertagPassage doch recht verwundert zurück.
Ist damit gemeint, dass man als Zuwanderer an der Fronleichnamsprozession teilnehmen soll, weil es sich dabei um einen gesetzlichen Feiertag handelt? Gehören dann umgekehrt Evangelische oder Altkatholiken seit 2019 nicht mehr zur Leitkultur, wenn sie am Karfreitag in die Kirche gehen, weil dieser für sie nach einem Beschluss der türkis-blauen Koalition kein gesetzlicher Feiertag mehr ist?
Zu den von Raab auch erwähnten Grundrechten gehört zudem nicht nur die Freiheit für jede Religion (also etwa auch für Judentum oder Islam), sondern auch die Freiheit, keine Religion auszuüben.
Hat Raab, sie ist auch Kultusministerin, vielleicht nur gemeint, dass man an gesetzlichen Feiertagen nicht arbeiten soll? Das wäre schade für jene, die gern auch an Feiertagen frische Semmeln und aktuelle Medien konsumieren. Noch mehr hätten aber Rettungskräfte, Feuerwehrleute oder Pfleger (und vor allem ihre Kunden) ein Problem.
War bloß gemeint, dass man das Gesetz einhält und wer an staatlich festgelegten Feiertagen werkt, dies nur unter den gesetzlichen Voraussetzungen machen darf? Dann soll Raab doch einfach sagen, dass die Einhaltung der Gesetze zur Leitkultur gehört. Der Grundsatz, dass staatliches über religiösem Recht steht, ist jedenfalls einer, der Zuwanderern (aber vielleicht nicht nur ihnen) unbedingt vermittelt werden muss.
Ansonst passen Raabs Worte weniger zu einer seriösen Leitkultur-Debatte, sondern eher zum Faschingsdienstag. An dem muss man sich aber heute nicht verkleiden, weil er kein gesetzlicher Feiertag ist.