Justiz lässt Bericht über SPÖ liegen
Die WKStA schloss schon im Juli 2022 eine Prüfung ab, in der es um den Vorwurf geschönter Umfragen für die SPÖ geht. Aus dem Justizressort retour hat man den Bericht immer noch nicht.
Wien. Es war die Causa, die letztlich zum Rücktritt von Sebastian Kurz geführt hat, mit dem aktuell laufenden Prozess um eine mögliche Falschaussage vor dem U-Ausschuss hat sie nichts zu tun: Die Türkisen sollen, so der 2021 von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erhobene Vorwurf, mit Einsatz von Steuergeld Umfragen geschönt und etwa im Boulevardmedium „Österreich“platziert haben. Funktioniert soll das über das „Beinschab-Tool“haben. Doch die Namensgeberin der Methode, Meinungsforscherin Sabine Beinschab, behauptete bereits vor mehr als zwei Jahren, dass sie Ähnliches auch für die SPÖ gemacht habe – und zwar vor dem Jahr 2013. Einem Aktenvermerk zufolge erklärte Kronzeugin Beinschab, dass es in ihrer Arbeit für die SPÖ „sehr deutliche Wünsche, in welche Richtung die Ergebnisse verändert werden sollen“, gegeben habe, „etwa ein besseres Ergebnis in der Sonntagsfrage“. Die Umfragen seien „in der Folge auch in ,Heute‘ (Tageszeitung, Anm.) veröffentlicht worden“. Warum das geschehen sein soll, das sagte sie offenbar nicht, und die Zusammenarbeit habe auch 2013 geendet, als ihre Chefin, Sophie Karmasin, Ministerin auf ÖVP-Ticket geworden war. So weit, so bekannt.
Chats mit SPÖ-Mitarbeiter
Jetzt aber tauchen neue Erkenntnisse dazu auf, belegt durch Unterlagen, die der „Presse“und dem ORF vorliegen. Dabei geht es etwa um den Akt 17 St 18/22 w – und schon auf dem ersten Blatt, über dem „Anordnungs- und Bewilligungsbogen“, werden gleich mehrere Promis der Sozialdemokratie als „Verdächtige“genannt, unter anderem geht es dem Papier zufolge um den Tatbestand der Untreue. Zumindest ein Anfangsverdacht wurde dabei geprüft, im Papier scheinen etwa die Ex-Parteimanagerin Laura Rudas sowie Ex-Minister Josef Ostermayer auf.
Die Staatsanwaltschaft hat deshalb geprüft, ob an den Vorwürfen etwas dran sein könnte. Ganz ausgeschlossen wurde das zumindest zwischenzeitlich keineswegs: In einem „Amtsvermerk über die Angaben von Beinschab“der WKStA ist nämlich die Rede davon, dass „in den Daten stark auffällige, dem Beinschab-Österreich-Tool ähnelnde Vorgänge zu finden“seien und Beinschab 2013 mit einem SPÖ-Mitarbeiter über Beschönigungen und Weitergaben von Umfragen an Medien gechattet habe.
Zudem gebe es „starke Hinweise auf Politumfragen der SPÖ über das Bundeskanzleramt“. So habe es etwa Angebote an das Kanzleramt gegeben, die parteipolitische Fragestellungen für die SPÖ beinhaltet hätten. Für die Roten spricht in diesem Fall aber, dass „zumeist nicht ersichtlich ist, ob sie auch durchgeführt wurden“. In manchen Fällen sei auch unklar, wer letztlich dafür bezahlt habe. „Allein die Chatnachrichten von Beinschab“würden ihre Vorwürfe gegen die SPÖ bestätigen – „oder zumindest stark darauf hinweisen“, so die Staatsanwaltschaft. Die Betroffenen haben die Vorwürfe übrigens stets zurückgewiesen, die Studien seien von der SPÖ beauftragt gewesen. Ermittlungsschritte wie Befragungen sind derzeit nicht überliefert.
Zu welcher Erkenntnis ist man also gelangt? Sollen die offenbar auch aus einer Anzeige stammenden Vorwürfe zu den Akten gelegt werden? Oder doch hinsichtlich einer möglichen Anklage weiterverfolgt? Das weiß man immer noch nicht – obwohl den Akten zufolge „die inhaltliche Prüfung der Vorwürfe durch die WKStA seit 7. Juli 2022 abgeschlossen ist“. Auf „Presse“-Anfrage bestätigte dies eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft – und erklärte, dass die Behörde bereits im Juli 2022 ihren für Fälle von öffentlichem Interesse erforderlichen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft geschickt habe. 2023 habe es lediglich noch eine formale Ergänzung gegeben. Was im Vorhabensbericht geplant wird, verrät die Staatsanwaltschaft nicht. Ob es sich de jure um ein Ermittlungsverfahren handelt, wird nicht erklärt, die Rede ist lediglich von einer „inhaltlichen Prüfung“. Fix ist aber: Seit Sommer 2022 liegt der Bericht über die geplanten weiteren Vorgänge in der Causa zur Prüfung auf – also seit mittlerweile mehr als eineinhalb Jahren. Der Bericht dürfte auch schon nach einigen Wochen im weisungsbefugten Ministerium angelangt sein – auch dort muss er behandelt werden, bevor er an die WKStA zurückgeht. Zurückbekommen hat die WKStA den Bericht aber noch nicht, erklärt die Behörde.
Bearbeitung abgeschlossen
Auf die Frage, warum das so lang dauert, erklärte das Justizministerium der Grünen Alma Zadić: „Die Dauer der Prüfung des angesprochenen Aktes ist darauf zurückzuführen, dass eine für die Prüfung entscheidende Rechtsfrage durch die Rechtsprechung erst im Herbst 2023 abschließend geklärt wurde.“Überdies sei noch im Herbst 2023 ein nicht näher definierter „relevanter Bericht“eingetroffen. Und: „Auf Grundlage der nunmehr gesicherten Rechtsprechung und der staatsanwaltlichen Berichte wurde die Bearbeitung durch die Fachabteilung zwischenzeitlich abgeschlossen.“Allein: Mit welchem Ergebnis, das will man im Justizministerium nicht beantworten.