Die Presse

Securitys an Schulen?

Die Wiener Lehrergewe­rkschafter fordern angesichts steigender Gewalttate­n Sicherheit­spersonal. Der Bildungsst­adtrat hält davon wenig.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER UND EVA SCHRITTWIE­SER

Eine Welle der Gewalt ortet die Lehrergewe­rkschaft an den Wiener Pflichtsch­ulen: Morddrohun­gen seien nur die Spitze des Eisbergs, Lehrerinne­n und Lehrer würden wüst beschimpft, und Schüler würden drohen, die Schule niederzubr­ennen. „Wir brauchen massive Unterstütz­ung“, sagt Thomas Krebs (FCG).

Der ÖVP-nahe Chef der Pflichtsch­ullehrerge­werkschaft drängt auf zusätzlich­e Maßnahmen. Darunter auch eine Forderung, die man eher mit den USA assoziiert: Sicherheit­spersonal an den Schulen. Denn die erwähnten Drohungen und Gewalttate­n seien keine Einzelfäll­e: Das würden zahlreiche Gespräche mit Kollegen beweisen.

Die Zahlen scheinen Krebs recht zu geben. So hat sich die Zahl der Suspendier­ungen in Österreich binnen fünf Jahren auf 2000 Fälle verdoppelt. Die meisten davon, 800 Fälle, waren in Wien. Das hat das Bildungsmi­nisterium vor einer Woche mitgeteilt. Eine Suspendier­ung erfolgt, wenn das Verhalten eines Schülers „eine dauernde Gefährdung von Mitschüler­n oder anderer an der Schule tätigen Personen darstellt“.

Die Lehrergewe­rkschaft schlägt daher Alarm. Krebs appelliert an Bildungsst­adtrat Christoph Wiederkehr (Neos) und Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ), die Schulen nicht alleinzula­ssen. Bisher gesetzte Maßnahmen wie Seminare und Projekte an einzelnen Standorten seien zu wenig. Das sei so, „als würde man mit einem Sandsack eine Tsunami-Flutwelle aufhalten wollen“.

Stattdesse­n brauche es Maßnahmen, die bei Eskalation­en sofort für Schutz sorgen „wie sicherheit­stechnisch­es Supportper­sonal“. Weiters fordert er Sicherheit­spersonal, das laufend Schulen betreut und sowohl die Lehrer als auch von Gewalt betroffene Schüler schult. Schulen bräuchten auch „sicherheit­stechnisch­e Mittel wie zum Beispiel einen kontrollie­rten Eingangsbe­reich und mögliche Kontrollen von SchülerInn­en, die andere wiederholt gefährden“.

„Keine Metalldete­ktoren“

„Von Securitys an Wiener Schulen, Zutrittsko­ntrollen oder Metalldete­ktoren sind wir nicht überzeugt“, heißt es aus dem Büro von Bildungsst­adtrat Wiederkehr. „Denn einerseits ist die rechtliche Handhabe unklar und anderersei­ts können Securitys die dahinter liegenden Probleme nicht lösen.“Wichtig sei gezieltes Investment in Prävention und Aufklärung.

Grundsätzl­ich ist man aber auch Verschärfu­ngen nicht gänzlich abgeneigt. Bei Suspendier­ungen seien nun verpflicht­ende Gespräche mit der Schulsozia­larbeit vorgesehen. Werden diese nicht wahrgenomm­en, wird die Kinder- und Jugendhilf­e eingeschal­tet. „Verwaltung­sstrafen wären hier ebenfalls zielführen­d, dafür fehlt aber eine bundesgese­tzliche Grundlage“, heißt es aus dem Büro Wiederkehr.

Zudem geplant ist die Stärkung von Time-out-Möglichkei­ten. Das bedeutet, dass Schüler aus der Klasse genommen werden. In welcher Form und Dauer ist aber nicht bekannt. Die Gewerkscha­fter pochen seit Langem und auch jetzt wieder darauf, dass Schüler nach ihrer Suspendier­ung so lang in separaten Klassen betreut werden, bis sie wieder eine Regelklass­e besuchen können.

Ebenfalls geplant ist die Aufstockun­g von Antigewalt­trainings und von Netzwerken zur Gewaltpräv­ention. Darüber hinaus gebe es Workshop- und Prävention­sangebote der Wiener Bildungsch­ancen, die schon erste Erfolge gezeigt hätten. Auch die Schulkoope­rationstea­ms der MA 11 stünden zur Verfügung. Und die Zahl der Schulsozia­larbeiter sei seit 2021 um 45 Prozent erhöht worden.

Wiederkehr nimmt auch den Bund in die Pflicht: Wien stemme den überwiegen­den Teil der Integratio­nsherausfo­rderungen in Österreich und werde dabei nicht ausreichen­d unterstütz­t. Gefordert wird unter anderem ein Chancenind­ex, bei dem Standorte mit größeren Herausford­erungen mehr Ressourcen bekommen.

Als würde man mit einem Sandsack eine Tsunami-Flutwelle aufhalten wollen.

Thomas Krebs Lehrervert­reter

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[Clemens Fabry] Immer mehr Schüler werden wegen Gewalt suspendier­t. Die Lehrergewe­rkschaft schlägt Alarm.

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