Die Sportart, die die USA zusammenhält?
Die politische Macht von American Football geht viel tiefer, als es eine Wahlempfehlung von „Swelce“könnte.
Der Super Bowl mag die eine Sache gewesen sein, die Amerikaner aller Couleur zusammenbrachte – Edelfan Taylor Swift wurde im Stadion bejubelt wie ausgebuht –, und doch sind Football, die Liga und Amerikas Nationalsport nach dem Showdown von Las Vegas politischer denn je. Und das liegt nicht an „Swelce“, der öffentlich zelebrierten Liaison des größten Popstars dieser Tage mit dem siegreichen Kansas-City-Profi Travis Kelce.
Die Demokraten hoffen zwar nach wie vor auf die Wahlempfehlung dieses Duos. Schließlich hat Swift zuletzt nur mit einer Kurznachricht auf Instagram 35.000 Wähler dazu bewogen, sich registrieren zu lassen, Kelce warb unter anderem für die Covid-Impfung. Zu Recht bangen deswegen die Republikaner und nutzten den Super Bowl für absurde Gegenangriffe. Ein Abend, eigentlich wie ein GAU für die National Football League, die die Politik aus den Stadien verbannen will. Denn die Macher des Spektakels können nur verlieren, wenn sich ihre Arenen in zwei Lager teilen.
Doch Football drehte sich immer schon um Politik: um Patriotismus, Militarismus, Männlichkeitsbilder, Geschlechterrollen und Rassismus. Als populärster und vor allem ureigenster Sport des Landes ist er geradezu eine Bühne für amerikanische Grundsatzfragen.
Es beginnt bei den Spielern. Rund zwei Drittel der NFL-Profis sind Afroamerikaner, trainiert aber werden sie in nur zwei von zehn Fällen von schwarzen Headcoaches (obwohl sich diese Zahl in der abgelaufenen Saison verdoppelt hat), und allesamt spielen sie in Teams, die weißen Milliardärsfamilien gehören. Die NFL ist nach wie vor ein Symbol für Segregation. Eindrucksvoll untermauert von Colin Kaepernick. Die Liga hatte wegen seines friedlichen Protests gegen Polizeigewalt seine Karriere ruiniert und ihn und seine Mitstreiter den rassistischen Angriffen aus dem Trump-Lager überlassen. Erst als George Floyd getötet wurde und das ganze Land auf die Straße ging, ruderte man kleinlaut zurück.
Auch von den Werten der amerikanischen Arbeiter, die sich die NFL auf die
Fahnen heftet, ist wenig zu sehen. Während Gewerkschafter überall in den USA Morgenluft wittern, negiert die Liga die „100-prozentige Verletzungsrate“(Tom Brady) und versucht, Langzeitfolgen wie CTE unter den Tisch zu kehren. Nach wie vor gilt, was der einstige DallasCowboys-Besitzer Tex Schramm gesagt hat: „Die Spieler sind das Vieh und die Besitzer die Rancher.“Treten noch mehr Profis selbstbestimmter auf wie Kaepernick oder Kelce, wartet die nächste Zerreißprobe auf den US-Nationalsport.
Die Riege der Teambesitzer, darunter der im Super Bowl siegreiche Kansas-Boss Clark Hunt, mag wirken wie eine alte Cheerleader-Truppe für die Republikaner. Doch die Liga hat Einfluss in beiden politischen Lagern, die im Finale unterlegenen Besitzer der San Francisco 49ers etwa gelten als progressiv, und die offiziellen Spenden der NFL sind praktisch auf den Cent genau auf Demokraten wie Republikaner verteilt. Zusätzlich wurde in Washington zuletzt mehr lobbyiert denn je. Denn: Die Football-Liga will keine Politik im Stadion, es sei denn, sie kommt von ihr selbst.
„Beer and wings“statt „politics“: Wartet die nächste Zerreißprobe auf den USNationalsport?