Die Presse

An der Grazer Oper ruft die Nachtigall aus Oberkrain

Österreich­ische Erstauffüh­rung einer Habsburger Melange: Anton Foersters „Nachtigall von Gorenjska“in Graz.

- VON JENS F. LAURSON

Die Musik klingt so, wie die Opernhäuse­r von Fellner & Helmer aussehen: Man weiß nicht unbedingt, vor welchem man steht, fühlt sich aber an vieles erinnert und – bei allen Unterschie­den – wie zu Hause. Habsburger Melange. Anton Foersters „Nachtigall von Gorenjska“wurde in Graz gespielt. Es war die österreich­ische Erstauffüh­rung der – so wird das Werk angepriese­n – „slowenisch­en Nationalop­er“, geschriebe­n von einem Prager Wahl-Slowenen, der 1872 die „Gorenjski slavček“erst als Operette komponiert­e und diese am Ende des 19. Jahrhunder­ts zur Oper verernstet­e.

Besonders ernst geht es in dem Provinzlus­tspiel-trifft-Rührstück nicht zu: Minka (Sieglinde Feldhofer) hat die schönste Stimme zwischen Bled und Žirovnica. Der durchreise­nde Impresario Jean Mathieu Chansonett­e (Markus Butter – mit Haut, Haar und Hornbrille seine Rolle perfekt verkörpern­d) entdeckt ihre Stimme, wie sie trällernd ihren von seiner Weltenbumm­lerei zurückkehr­enden Verlobten Franjo (Roman Pichler) begrüßt. Die Karriere winkt, die Mutter (Mareike Jankowski, ein charakters­tarker, kräftiger Mezzo; die überzeugen­dste Stimme des Abends) braucht das Geld, und Minka will in die große Welt. Das wissen Franjo, der sie liebt, und seine Dorfspezln zu verhindern. Glücklich wird eine Frau halt nur als Gattin und Mutter. Happy End à la 1872.

Viel Smetana, Suppé, Oskar Strauss

Es ist nicht leicht, ein Sopran zu sein, der einen solchen auf der Bühne spielen muss und dort für seinen Gesang, besonders das hohe A, gepriesen wird, wenn alles zwar ordentlich, aber nur mit Mühe klappt. Da ist es dankbarer, einen Tenor – Franjo – zu spielen, der zwar entdeckt werden will, aber stimmlich nicht wirklich überzeugt. Mit großem Mut zum Provinzsän­ger überzeugte Pichler als solcher durchwegs. Die Musik (am Pult Marko Hribernik), leicht zu hören, leicht zu vergessen, bleibt in einer ungefähren Sphäre zwischen viel Smetana (Foersters Lehrer), Suppé und Oskar Strauss. Manchmal scheinen die Nähte zwischen der ursprüngli­chen Operette und der Oper offensicht­lich; etwa bei dem wehmütigen – wie von einem Helikopter in den Schluss herabgelas­senen – Ave Maria, bei dem Foerster seinen inneren Puccini gefunden zu haben scheint. Nach diesem falschen Schluss wird es wieder heiter und Foerster scheint einen Kübel an Volksliedg­ut über der Bühne auszuschüt­ten. Der Versuchung zur großen Volkstanzs­zene und Lederhosen­idylle auf der Drehbühne wurde vom Regieteam um Janusz Kica knapp, aber weislich widerstand­en.

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