EU flickt Löcher und schließt Hintertüren in ihren Sanktionen
Die Union nimmt erstmals Firmen in Drittstaaten wegen Umgehung ihrer Wirtschaftssanktionen aufs Korn.
Lang hatte die EU auf den guten Willen des chinesischen Regimes gehofft, das hoch und heilig verspricht, den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nicht zu unterstützen und chinesische Firmen daran zu hindern, die westlichen Wirtschaftssanktionen gegen Russland zu umgehen. David O’Sullivan, der Sonderbeauftragte der EU für Sanktionspolitik, lobte Peking unlängst in einer Aussprache mit Europaabgeordneten dafür, chinesische Sanktionsbrecher rasch zu bremsen. Darum strich die EU voriges Jahr einige solcher Firmen aus der Volksrepublik von einem Entwurf für eine neue Sanktionsliste.
Doch nun ist der Europäischen Kommission und der Mehrzahl der Mitgliedstaaten offenkundig der Geduldsfaden gerissen. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg
News werden sich auf der schwarzen Liste des 13. EU-Sanktionenpakets gegen Russland erstmals Unternehmen aus Drittstaaten befinden, die dem russischen Regime dabei helfen, militärisch nutzbare Zivilgüter (auf Englisch „Dual-use Goods“) aus der EU unter Umgehung der geltenden Ausfuhrverbote zu bekommen.
Drei chinesische Firmen sowie jeweils eine in Hongkong, in Thailand, in der Türkei, in Sri Lanka, in Serbien, in Indien und in Kasachstan sollen auf der Liste von Firmen stehen, die künftig in der EU und mit EU-Unternehmen keine Geschäfte mehr machen dürfen. Dazu sollen elf weitere russische Firmen kommen. Chinas Außenministerium reagierte am Dienstag empört und verbat sich jegliche „Justiz des langen Armes“.
Deutscher Exportboom in Zentralasien
In erster Linie geht es bei den Dual-use-Gütern, die von diesen Unternehmen am EUSanktionsregime vorbei nach Russland geschmuggelt werden, um elektrotechnische Bauteile wie zum Beispiel Mikrochips und Sensoren. Das Bestehen dieser Umgehungstaktiken ist eine Tatsache, die sich an der Entwicklung der Außenhandelsströme unmittelbar nach dem Überfall der russischen Truppen am 24. Februar 2022 ablesen lässt. Der vormalige Chefökonom des Institute of International Finance, Robin Brooks, verweist seit Monaten auf den Umstand, dass vor allem deutsche Exporte – allen voran Autos – seit damals plötzlich ungemein beliebt in den zentralasiatischen Republiken wurden (siehe Grafik). Zeitgleich brachen die Exporte nach Russland jäh ein. Es liegt auf der Hand, dass all diese Autos nicht auf den Straßen von Duschanbe, Almaty und Taschkent verkehren, sondern direkt in die Russische Föderation weiterexportiert wurden.
Musks Starlink für russische Truppen
Eine für das Geschehen auf den ukrainischen Schlachtfeldern möglicherweise entscheidende Form der Sanktionsverletzung betrifft die mobilen Satelliten-Internetsysteme namens Starlink, die der US-Milliardär Elon Musk vertreibt. Die ukrainischen Truppen setzen sie legal seit Kriegsbeginn ein.
Seit voriger Woche kursieren in ukrainischen Telegram-Gruppen Meldungen, wonach russische Kampfverbände an der Front im Donbass plötzlich ebenfalls über Starlink-Einheiten verfügten und mit deren Hilfe die ukrainischen Verteidiger noch präziser dezimierten. Legal kann das russische Verteidigungsministerium sie nicht erworben haben.
Am Dienstag verkündete der Sprecher des ukrainischen Militärnachrichtendienstes, Andrii Jusow, dass in Russland StarlinkSysteme auf privaten Plattformen vertrieben werden. Die Geräte würde über arabische Staaten, allen voran über Dubai, nach Russland eingeführt.
Musk erklärte, „nach bestem Wissen“seien keine Starlink-Geräte direkt oder indirekt nach Russland verkauft worden.
China ist strikt gegen illegale Sanktionen auf Grundlage der Zusammenarbeit mit Russland.
Chinesisches Außenministerium