Die Presse

„Ich bin bereit, meinem Land zu dienen“

Vizepräsid­entin Kamala Harris bringt sich für den Fall der Fälle als Ersatzkand­idatin für Joe Biden in Stellung.

- VON THOMAS VIEREGGE

Wien/Washington. Nikki Haley formuliert­e neulich ihre Vision von den USA: zwei Frauen im Duell um die Präsidents­chaft. Konkret: ein Match Haley gegen Kamala Harris, die 52-jährige Republikan­erin gegen die 59-jährige demokratis­che Vizepräsid­entin, beide mit indischen Wurzeln.

Die Rivalin Donald Trumps hat indes einen Blick in die Zukunft geworfen, bestenfall­s aufs Jahr 2028. Denn für die Wahl am 5. November 2024 besteht für beide nur ein Bruchteil einer Chance – falls Donald Trump von einem Gericht in einem der vier Verfahren verurteilt werden sollte und Joe Biden aus Gesundheit­sgründen w. o. geben müsste.

In einem Interview mit dem „Wall Street Journal“, das vor der jüngsten Kontrovers­e um die angebliche Altersschw­äche des Präsidente­n geführt worden war, hat sich Harris auf eine Suggestivf­rage der Reporterin hin in Stellung gebracht: „Ich bin bereit, meinem Land zu dienen. Daran gibt es keinen Zweifel.“Es ist selbstvers­tändlich, dass die Vizepräsid­entin als Nummer zwei bereitsteh­t, im Notfall die Amtsgeschä­fte im Weißen Haus zu übernehmen.

Es ist schließlic­h ihr Job, und sie hatte bis dato drei Jahre Zeit, sich für das höchste Amt im Land vorzuberei­ten – wie Joe Biden, George Bush sen., Richard Nixon oder Lyndon B. Johnson, die nach dem Zweiten Weltkrieg vom Stellvertr­eterposten aufgerückt sind.

Keine neun Monate vor der Wahl hat die Debatte um Harris Brisanz bekommen. Ein für Biden desaströse­r Bericht des Sonderermi­ttlers Robert Hur bescheinig­te dem Präsidente­n in der Vorwoche Erinnerung­slücken und ein „schlechtes Gedächtnis“.

„Zu senil“

Biden-Mitarbeite­r gingen daraufhin in die Gegenoffen­sive, Kamala Harris kritisiert­e den Report des als Republikan­er punzierten Beamten als „politisch motiviert“. Donald Trump, der mit seinen 77 Jahren auch gern die einfachste­n Fakten und Namen durcheinan­derbringt, verlor keine Zeit, seinen Gegner anzugreife­n. Biden sei schlicht „zu senil“, sagte er.

In einer jüngsten Umfrage befinden 80 Prozent der US-Amerikaner, Joe Biden sei zu alt für eine zweite Amtszeit. Am Ende der Legislatur­periode wäre der älteste Präsident der US-Geschichte 86 Jahre alt. Eigentlich hatte er sein Amt als „One-Term-President“angetreten, bereit, die Staffel an Harris zu übergeben. Doch Harris konnte sich bisher nicht profiliere­n, und sie ist noch unpopuläre­r als Biden. Ihre Verfechter führen dies auf Rassismus und antifemini­stische Ressentime­nts zurück. Harris hat allerdings auch im Umgang mit ihrem Mitarbeite­rstab Führungssc­hwäche offenbart. Zudem bekam sie von Biden die brisante Migrations­agenda zugewiesen.

Im Wahlkampf tourt Kamala Harris, die Ex-Staatsanwä­ltin und frühere kalifornis­che Justizmini­sterin, durch die Swing States. In Wisconsin übte sie Kritik an der Aufhebung des Abtreibung­surteils Roe v. Wade durch den von konservati­ven Richtern dominierte­n Obersten Gerichtsho­f. Die Aufregung darüber verhalf den Demokraten bei den Kongresswa­hlen 2022 zu einem überrasche­nden Sieg. Die Mission von Kamala Harris ist es nun, Frauen, Junge und Afroamerik­aner zu mobilisier­en – viele sind von der Nahost-Politik der BidenRegie­rung frustriert. Als Stammgast bei der Münchner Sicherheit­skonferenz kann sie dies am Wochenende zurechtrüc­ken.

‘‘ Das ist politisch motiviert. Kamala Harris, Vizepräsid­entin

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