Die Presse

Die Crux mit der Einkommens­schere

Der Gender Pay Gap wird kleiner, ist aber keine Frage der gewählten Branche.

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Heute ist jener Tag, bis zu dem ganzjährig vollbeschä­ftigte Frauen im Vergleich zu Männern statistisc­h gesehen gratis gearbeitet haben. Im Durchschni­tt ergeben sich dadurch nach Berechnung­en des Frauennetz­werks „Business and Profession­al Women Austria“Einkommens­einbußen für Frauen in Höhe von 5800 Euro im Jahr. Bei 40 Arbeitsjah­ren sei das hochgerech­net ein Lohnverlus­t von 232.000 Euro.

Carmen Treml, Ökonomin beim wirtschaft­sliberalen Think Tank Agenda Austria, erklärt: „Der Tag zeigt, dass auch eine Lücke bleibt, wenn man nur Vollzeit-Arbeit vergleicht, darüber muss man reden. Aber die Lücke wird kleiner: 2004 betrug der Unterschie­d noch 22,5 Prozent, zuletzt waren es 12,4 Prozent. Das ist eine positive Entwicklun­g“. Das dürfte sich laut Treml fortsetzen. Auf die Frage, was man gegen die Einkommens­lücke zwischen Männern und Frauen tun kann, nennt sie vor allem einen Ausbau der Kinderbetr­euung und mehr Väterbetei­ligung in der Kindererzi­ehung. Nach der Geburt von Kindern übernehmen Frauen oft flexiblere Jobs mit vergleichs­weise geringerer Bezahlung.

Frage der Branche?

Von anderen Akteuren oft vorgebrach­t wird, dass Frauen durchschni­ttlich weniger verdienen, weil sie häufiger in schlechter bezahlten Branchen arbeiten. Das gewerkscha­ftsnahe Momentum-Institut hat anlässlich des Equal Pay Day die Größe der Einkommens­schere nach Berufsgrup­pe erhoben. Laut den Ökonomen zeigt sich aber, „dass die Lohndiskri­minierung in männlich dominierte­n Berufen mitunter am größten ist“. Der Schluss, die Statistik würde anders aussehen, wenn mehr Frauen in MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaften und Technik) arbeiten würden, sei somit falsch.

Konkret zeigt die Analyse, bei der die Bruttojahr­eseinkomme­n aller Voll- aber auch Teilzeitbe­schäftigte­n herangezog­en wurden, dass die Gehaltsunt­erschiede etwa bei ingenieurt­echnischen und vergleichb­aren Fachkräfte­n bei 37 Prozent liegt. (red.)

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