OMV: Schwieriger Ausstieg aus Russland-Verträgen
Der beste Zeitpunkt für einen Vertragsausstieg dürfte verpasst worden sein, sagt ein Energierechtsexperte. Ein „erschüttertes Vertrauensverhältnis“sei zunehmend schwieriger zu begründen.
Je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger wird es für die OMV, aus den Gaslieferverträgen mit der russischen Gazprom auszusteigen. Vor einem Jahr hätte es gute Chancen für eine außerordentliche Kündigung gegeben, sagt Florian Stangl, Experte für Energierecht. Gedrosselte Liefermengen und die Tatsache, dass die Einnahmen aus dem Gasgeschäft indirekt den Krieg mitfinanzieren, hätten ein „erschüttertes Vertrauensverhältnis“begründet und wohl einen Vertragsausstieg gerechtfertigt.
Das werde nun aber immer schwieriger zu argumentieren, sagte der Jurist im Gespräch mit der APA. Da die OMV bisher am Vertrag festgehalten hat, könne man überspitzt formulieren: „So schlimm kann es ja nicht gewesen sein.“Das rechtliche Risiko bei einer außerordentlichen Kündigung sei jetzt „wesentlich höher“.
Zur Erinnerung: Am 24. Februar 2022 startete Russland seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die EU verhängte Sanktionen gegen das Land, Russland antwortete mit stark gedrosselten Gasliefermengen, dürfte jedoch nicht vertragsbrüchig geworden sein. In der Zwischenzeit dürfte es keine Lieferschwankungen mehr geben. Im Dezember lag der Anteil russischen Erdgases in Österreich bei 98 Prozent.
Kommt gesetzliches Verbot?
Sieben europäische Staaten kappten bereits ihre langfristigen Verträge mit der Gazprom, nachdem Russland verlangt hatte, das Gas in Rubel zu bezahlen. Weitere Länder, darunter Deutschland, sollen ihre Gasverträge mit Russland ausgesetzt haben. Der Vertrag von OMV und Gazprom läuft bis 2040. Er enthält eine „Take or pay“-Klausel, demnach muss die OMV auch zahlen, wenn sie das Gas nicht benötigt. Nicht bekannt ist, welche Ausstiegsgründe vereinbart wurden. Bestimmte Rechtsgrundsätze können aber nicht vertraglich ausgeschlossen werden, sagt Stangl. Dazu gehöre, dass langfristige Lieferverträge aus wichtigem Grund gekündigt werden können.
Die OMV könnte sich auch auf höhere Gewalt berufen, würde in Österreich ein Gesetz verabschiedet, das den Bezug von russischem Gas verbietet. Solche staatlichen Interventionen könnten aber vertraglich als Grund ausgeschlossen sein. Steigt die OMV aus oder stellt die Zahlungen ein, könnte Gazprom wohl vor einem privaten Schiedsgericht klagen.
„Prinzipiell ist es natürlich das gemeinsame Ziel der Bundesregierung, die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern“, sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz. Einigen sich die Koalitionspartner auf eine Gesetzesvorlage, brauchte es für die notwendige Zweidrittelmehrheit im Parlament noch die Stimmen von SPÖ oder FPÖ. Die Freiheitlichen lehnen den Vorschlag ab. Die SPÖ forderte am Montag einen zwischen den Regierungspartnern abgestimmten Vorschlag, um „seriös darüber reden“zu können. (APA)