Die Presse

Neue Regeln für die alten Schuldenma­cher

Österreich investiert zu viel in die Vergangenh­eit und zu wenig in die Zukunft.

- MEINT Mail: josef.urschitz@diepresse.com

Nach zähem Ringen hat sich die EU grundsätzl­ich auf neue Schuldenre­geln geeinigt. Die wichtigste­n Kriterien – maximal drei Prozent Maastricht-Defizit, maximal 60 Prozent Staatsschu­ldenquote – bleiben. Die vielen höher verschulde­ten Staaten der Gemeinscha­ft erhalten aber mehr Flexibilit­ät auf dem Weg zur Erfüllung dieser Kriterien.

So viel ändert sich durch die neuen Regeln also nicht. Das Problem der Gemeinscha­ft ist ja seit jeher nicht, dass sie zu wenige und zu laxe Regeln hat, sondern, dass diese Regeln von den Mitgliedsl­ändern selbst weitgehend missachtet werden. Das Muster ist immer dasselbe: Man hält die Regeln nicht ein. Und beklagt sich dann, dass diese „nicht funktionie­ren“.

Dieses Verhalten ist einer der Hauptgründ­e für die Unfähigkei­t, die Schuldenpr­obleme in den Griff zu bekommen. Österreich etwa hat seit dem EU-Beitritt kein einziges Mal eines der wichtigste­n Stabilität­skriterien – Staatsschu­ldenstand unter 60 Prozent des BIPs – erreicht. Und Österreich gehört zu den finanziell stabileren Ländern.

Ist auch egal. Schulden sind, wenn sie im Rahmen bleiben, per se nichts Schlechtes. Ob man die Grenze jetzt bei 60 oder 80 Prozent festlegt, ist mehr oder weniger Geschmacks­sache. Viel entscheide­nder ist, wofür das Geld ausgegeben wird. Man kann es schwerpunk­tmäßig für Zukunftsin­vestitione­n einsetzen. Oder man finanziert damit Konsumausg­aben.

Leider hat man in Österreich (wie übrigens auch in Deutschlan­d) zuletzt viel zu stark auf Letzteres gesetzt. Die Sozialausg­aben sind überpropor­tional gestiegen, und ebenso jene Wirtschaft­sförderung­en, die nur schlechte Strukturen konservier­en.

Der Staat gibt also sehr viel Geld aus, um eines der besten Sozialsyst­eme der Welt weiter aufzublase­n und um Insolvenze­n zu verschlepp­en, statt in die Zukunft zu investiere­n.

Das ist das Problem, nicht die Schuldenqu­ote. Darauf finden die neuen Schuldenre­geln im Prinzip aber auch keine tragfähige Antwort. Der Staat muss seinen Ausgabensc­hwerpunkt von Investitio­nen in die Vergangenh­eit auf Investitio­nen in die Zukunft legen. Und dabei scheitert er leider.

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