Bitcoin überspringt 50.000-Dollar-Marke
Ein Bitcoin kostet wieder so viel wie zuletzt im Jahr 2021. Dafür gibt es gute Gründe, doch kurzfristig ist der Optimismus schon ziemlich hoch.
In der Bitcoin-Community ist die Sache klar: Ein Bitcoin ist ein Bitcoin, ein 21-Millionstel des Ganzen. Das war vor drei Jahren so, als der Preis für eine Einheit des dezentralen Geldes sich zu einem Höhenflug anschickte, der ihn schließlich auf über 68.000 Dollar führen sollte. Das war vor eineinhalb Jahren so, als Bitcoin infolge der Pleite der Kryptobörse FTX und der Zinserhöhungen unter 16.000 Dollar fiel. Und das war auch am Dienstag so, als für ein Bitcoin erstmals seit 2021 zeitweise wieder 50.000 Dollar bezahlt werden mussten.
In der schnöden Welt des FiatGeldsystems schaut man aber auf den Preis. Und da stellt sich die Frage: Wie weit geht es noch nach oben? Die Erwartungen sind hoch: In den USA wurden kürzlich Bitcoin-ETFs (Fonds) zugelassen, in die bis dato netto 1,8 Mrd. Dollar geflossen sind. Das ist noch nicht viel – Bitcoin insgesamt bringt es auf eine Marktkapitalisierung von 980 Mrd. Dollar. Doch steht mit dem ETF-Angebot nun der Weg für institutionelle Investoren in den USA offen, ihren Kunden Bitcoin anzubieten. Diese werden das Angebot schrittweise annehmen.
Der Vierjahreszyklus
Zudem steht im April das viel beachtete „Halving“an. Dieses erfolgt alle vier Jahre und hat bisher immer zu einem Preisanstieg und im Folgejahr zu einem neuen zyklischen Hoch geführt. Dabei wird das Angebot an neuen Bitcoin verknappt. Das funktioniert so: Alle zehn Minuten findet ein Miner einen Block, hängt ihn mit Transaktionen gefüllt an die Blockchain (das Kassenbuch von Bitcoin) an und erhält dafür 6,25 neue Bitcoin als Belohnung. Im April wird diese Belohnung halbiert, was bedeutet, dass alle zehn Minuten nur noch 3,125 neue Bitcoin auf den Markt kommen.
Bis jetzt hielt sich der BitcoinPreis bilderbuchmäßig an den Vierjahreszyklus: 2012, 2016 und 2020 gab es ein Halving, es folgte jeweils ein neues Rekordhoch von 1200
Dollar (2013), 19.000 Dollar (2017) und 68.000 Dollar (2021). Im Jahr darauf stürzte der Preis dann jeweils tief (um 70 bis 80 Prozent) ab, und ein neuer Zyklus hob an. Allerdings ist Bitcoin noch jung und seine 15-jährige Geschichte noch zu kurz, um ein zuverlässiges Muster ausmachen zu können.
Folgt Bitcoin aber dem bisherigen Muster, dann würde der Preis ein paar Monate nach dem Halving ein neues Rekordhoch erreichen, also über 68.000 Dollar steigen, und nächstes Jahr das nächste zyklische Hoch erreichen. Viele hoffen, dass dann endlich die 100.000-DollarMarke fällt. Doch wäre Bitcoin nicht Bitcoin, würde es dazwischen nicht noch einmal ordentlich rumpeln. Erst im Jänner hat die Enttäuschung nach der Einführung der Bitcoin-ETFs zu einem zwischenzeitlichen Kursrutsch von 20 Prozent geführt. Auch 30 oder 50 Prozent Korrektur mitten in einem Bullenmarkt wären für Bitcoin nichts Ungewöhnliches.
„Bitcoin ist seit Mitte Jänner schon sehr stark gestiegen“, meint Mark Valek von der liechtensteinischen Fondsgesellschaft Incrementum. Der Optimismus sei
schon hoch. Durch die ETFs habe sich eine Tür geöffnet, die Leute würden aber erst dann in großem Stil reingehen, wenn es Zinssenkungen gebe oder wenn die Notenbanken mit der geldpolitischen Straffung aufhörten. Dann könne das zyklische Hoch durchaus auch bei 180.000 Dollar liegen. Doch was passiert dann? Sollten die darauffolgenden zyklischen Tiefs nicht endlich weniger ausgeprägt sein?
Nicht unbedingt, meint Valek. Die ETF-Investoren könnten die Volatilität sogar erhöhen. Denn sie neigten dazu, schnell Gelder zu investieren und wieder abzuziehen. Im Gegensatz dazu stehen die klassischen Bitcoin-„Hodler“(eine Verballhornung des Worts „hold“, halten), die auch dann nicht verkaufen, wenn Bitcoin um 80 Prozent fällt, „weil sie das Mindset haben, dass sie mit dem Schiff untergehen, oder aber, dass das Schiff ohnehin nie untergehen wird“, erklärt Valek. Ihr Anteil sei zuletzt stark gestiegen, wie die „Hodl Waves“zeigten: Mehr als die Hälfte des Bitcoin-Bestands wurde seit mindestens zwei Jahren nicht bewegt, 80 Prozent wurden seit sechs Monaten nicht angerührt. Das werde nun wieder ein wenig in die andere Richtung gehen, glaubt Valek.
Die ETFs erhöhten indes die Liquidität und damit die Handelbarkeit von Bitcoin. Und die hohe Liquidität sei auch einer der vielen Gründe, warum der US-Dollar als Reservewährung genutzt wird. Valek zitiert Carl Menger, den Begründer der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, demzufolge das absatzfähigste Gut zu Geld werde, und nicht zwingend das Gut höchster Ordnung. Bitcoin sei nun in Sachen Absatzfähigkeit ein Stück weiter gekommen.
Bitcoin bleibt dezentral
Das zugrunde liegende BitcoinProtokoll und dessen dezentrale Struktur würden von den ETFs nicht beeinträchtigt, heißt es in einem Incrementum-Marktkommentar („#Noninflatable“). Im Zentrum stehen der Proof-of-WorkMechanismus (jeder kann sich am Mining beteiligen, muss aber Energie aufwenden, was Machtkonzentration verhindert) und das Netzwerk von Nodes in aller Welt, die das System überwachen und sicherstellen, dass kein Einzelner Schindluder treiben kann.