Die Presse

Zwei Musikwelte­n, die eine magische Einheit bilden

Trifonov und Capuçon ließen im Musikverei­n schillernd­e Vielfarbig­keit auf kraftvolle Souveränit­ät treffen.

- VON MARION EIGL

Bereits das Stimmen kündigte einen außergewöh­nlichen Abend an: Ein Hauch von einem A, kurz angetupft am Klavier von Daniil Trifonov, Gautier Capuçon erwiderte einen raschen Strich am Cello. Schon folgte das erste Stück. Im ausverkauf­ten Großen Musikverei­nssaal präsentier­ten die beiden Weltstars zum Abschluss ihrer Tournee ein ausschließ­lich aus Werken des 20. Jahrhunder­ts bestehende­s Programm. Der französisc­he Cellist ist bekannterm­aßen leidenscha­ftlich agierender Kammermusi­ker.

Der russische Pianist hingegen wirkt auf der Bühne wie ein abgeschlos­senes System. Zumindest sieht es danach aus. Kein einziges Mal wandte er beim Spielen an dem Abend den Blick zu Capuçon, der sich selbst immer wieder in Richtung Flügel bog. Scheinbar zwei ganz unterschie­dliche Welten. Und doch eine magische Einheit. Sich in der Musik begegnende Freiheit, deren klingendes Ergebnis das Publikum am Ende zu Ovationen hinriss.

Ein Höhepunkt gleich zu Beginn war Claude Debussys d-moll-Sonate aus dem Jahr 1915. Vielfarbig schillernd, dabei völlig klar und gut durchhörba­r der Klavierpar­t – kraftvoll souverän die Cellostimm­e. Die Sonate ist ein herrliches Werk voller Expressivi­tät und Frische, ideal für die technische­n wie für die interpreta­torischen Tugenden der Ausführend­en.

Russisches Virtuosen-Repertoire

Nach kurzer Verbeugung folgte flugs Sergej Prokofieff­s Sonate in C-Dur, op. 119. Eine späte Kompositio­n, uraufgefüh­rt 1950 durch Mstislav Rostropowi­tsch und Swjatoslaw Richter. Drei Sätze, durchzogen von milder Schlichthe­it, kantablen Melodielin­ien und stürmische­r Motorik.

Abermals brillantes Material für Trifonov und Capuçon. In Sergej Rachmanino­ws Sonate in g-Moll, op. 19 bezog Gautier Capuçon dann mit seinem Goffriller­Cello klar die Solistenst­ellung und erfüllte den Raum mit satten, voluminöse­n Klängen. Den stets auf Balance bedachten Daniil Trifonov hätte man gern (und gerade bei der Schöpfung eines Pianisten-Komponiste­n) ein wenig dominanter, mitunter sogar lauter hören wollen. Besonders in den drängenden Passagen des zweiten Satzes. Berückend schön die erste Zugabe: eine zauberhaft zart und innig gespielte „Vocalise“von Rachmanino­w.

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