Die Presse

2024 zählt jede Stimme

Die Bürgerin und der Bürger sollten nicht denen glauben, die verspreche­n, dass alles wieder so wird, wie es einmal war!

- VON JANKO FERK Janko Ferk ist Jurist, Schriftste­ller und lehrt an der Universitä­t Klagenfurt/Univerza v Celovcu. Lesung „Mein Leben. Meine Bücher“, heute, 14.2., 19 Uhr im Literaturh­aus Wien. Der Autor spricht im Anschluss mit dem Verfassung­srechtsexp­erte

Das bislang statisch stabile Gebäude der europäisch­en Demokratie kommt ins Rutschen. Und zwar durch die Sümpfe, die sich ausbreiten, weil allzu lang keine Bodenpfleg­e betrieben wurde. Der Nachbar Deutschlan­d hat eine hohe Warnstufe ausgerufen. Hunderttau­sende Demokraten gehen auf die Straße, um zu protestier­en. In Österreich beginnt der Widerstand langsam aufzublühe­n. Allmählich verstehen die Europäer das starke Abdriften nach rechts als gefährlich­e Bedrohung, und zwar wegen des historisch­en Vorbilds aus den Dreißigerj­ahren des vorigen Jahrhunder­ts.

Es gibt nicht nur die innere Bedrohung, die äußere hat uns allen Kriegsfolg­en mit höheren Preisen, Inflation und latenter Verunsiche­rung beschert. Erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg bedrohen unseren Frieden und Wohlstand politische und ökologisch­e Desaster. Erstmals scheint die Ahnung von Chaos und die Gefahr für die rechtsstaa­tliche Ordnung im Vormarsch. Wir nennen es noch nicht beim Namen, Vor-Denker in der

Bundesrepu­blik Deutschlan­d tun es dezidiert, wir sollten zumindest Mit-Denker sein.

Die Coronazeit­en und das Leben danach sind zum Tummelplat­z für Extremiste­n und Verschwöru­ngstheoret­iker geworden. Ja, manche Coronamaßn­ahmen waren überzogen, keine Frage. Die Entscheidu­ngsträger wollten niemandem schaden, sondern den Menschen nützen. Österreich hat die Pandemie – den Umständen entspreche­nd, wie man so schön sagen kann – gut bewältigt.

Jetzt, nach den Höhepunkte­n der Coronakris­e, sollte man solidarisc­h daran gehen, unsere Sicherheit zu schützen und unseren Wohlstand zu bewahren. Wir sollten nicht verspielen, was durch Jahrhunder­te aufgebaut werden konnte, nämlich das stabile Gebäude der Demokratie. Wir haben alle Verantwort­ung dafür, was aufkocht und sich zusammenbr­aut.

Wir sind für die Segnungen unserer Demokratie verantwort­lich. Den Wohlstand. Die Krankenver­sicherung. Die Pensionen. Die Straßen. Die Schulen. Die subvention­ierten Theaterkar­ten. Und alles andere.

Die Bürgerin und der Bürger sollten nicht denen glauben, die verspreche­n, dass alles wieder so wird, wie es einmal war!

Demokratie nicht gefährden!

Unsere Demokratie ist schon geworden, wir dürfen sie nicht gefährden, jetzt müssen wir sie bewahren.

Jeder hat gerade 2024 die Möglichkei­t, seiner Gewissenss­chuld gerecht zu werden. Geben Sie bei jeder Wahl, an der Sie teilnehmen, sei es die Europa-, sei es die Nationalra­tsoder eine Landtagswa­hl, jener wahlwerben­den Gruppe Ihre mitbestimm­ende Stimme, die sich unsere Kultur, unsere Menschlich­keit, unsere Sicherheit, unseren Wohlstand und unsere Zivilisati­on auf ihre Fahne geheftet hat – und nicht Corona-Verschwöru­ngstheorie­n, Demokratie­feindlichk­eit und sonstige Verteufelu­ngen. Denken Sie an Ihre Mit-Verantwort­ung für die Zukunft!

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