Warum Mayorkas der ideale Prügelknabe der Republikaner ist
Republikaner wollen Heimatschutzminister des Amtes entheben. Es geht um Migration – und Wahlkampf.
New York/Washington, D. C. Es war ein kleines bisschen peinlich. Zwei Anläufe hatten die Republikaner im Kongress gebraucht, um ihren politischen Schlachtplan umzusetzen. Und auch am Montag blieb es bis zum Schluss unsicher. Mit 214 zu 213 Stimmen leiteten sie dann doch ein Amtsenthebungsverfahren gegen Alejandro Mayorkas ein.
Es ist das erste Mal in 150 Jahren, dass ein Minister der US-Regierung sich einer derartigen Klage ausgesetzt sieht. Mayorkas, argumentieren die Republikaner, habe sich „willentlich“geweigert, Bundesgesetze umzusetzen. Zur Einwanderung, um genau zu sein. Mayorkas ist Präsident Joe Bidens Innenminister. Und die Republikaner versuchen mit ihrer Amtsenthebungsklage, das Migrationsthema auszuschlachten.
Es ist nämlich so: Geht es nach den Wählern, haben die USA ein Einwanderungsproblem. Die anstehende Präsidentschaftswahl wird sich unter anderem darum drehen. Niemand besetzt das Thema besser als Ex-Präsident Trump, der zum zweiten Mal gegen Biden antritt – und diesmal siegreich sein will. Trump rezitiert bei seinen Wahlkampfveranstaltungen fremdenfeindliche Gedichte, malt den ausländischen Teufel an die Wand. Seine Rhetorik ist extrem, doch sie kommt gut in einem Land an, wo die Stimmung im Keller ist – trotz guter Wirtschaftsdaten und verfügbarer Jobs. Die US-Amerikaner hätten aktuell wenig zu beklagen.
Sieg für Demokraten in New York
Die Anklage Mayorkas’ im Kongress ist freilich ein politisches Schattenboxen. Der Senat müsste ihr zustimmen, um sie wirksam zu machen – dazu wird es kaum kommen, die Demokraten haben dort die Mehrheit, während im Repräsentantenhaus die republikanische Vorherrschaft dieser Tage ebenfalls schrumpft: Die Wähler ersetzten am Dienstag George Santos, den wegen Betrugs angeklagten republikanischen Abgeordneten aus New York, durch Demokrat Tom Suozzi.
Ein Amtsenthebungsverfahren ist dazu vorgesehen, um schwerwiegende Vergehen zu vergelten. Landesverrat und Bestechlichkeit etwa. Die Latte liegt, der US-Verfassung zufolge, außerordentlich hoch. Dass die eigene Partei dieses extraordinäre Werkzeug einsetzt, um rein gesetzgeberische Unzufriedenheit auszudrücken, beschäftigt einige republikanische Abgeordnete. Etwa Ken Buck aus Colorado, der bei der kommenden Wahl nicht mehr antritt – und sich einen Ausritt gegen die Kollegen erlaubt hat. „Das ist eine fürchterliche Amtsenthebungsklage“, sagte er gegenüber dem Nachrichtensender CNN. Er glaube nicht daran, dass Mayorkas ein Verbrechen begangen habe. Das Vorgehen der Republikaner schaffe „einen fürchterlichen Präzedenzfall“. Neben Buck stimmte ein republikanischer Abgeordneter aus Wisconsin, Mike Gallagher, und einer aus Kalifornien, Tom McClintock, gegen die Anklage.
„Kindische politische Spielchen“
Präsident Biden hatte erwartungsgemäß scharfe Worte für das Vorgehen der Republikaner. Sie begingen „eine unverfrorene Tat verfassungsungemäßer Parteilichkeit“, die einen ehrbaren „Diener des Volkes“zum Ziel habe, nur, „um kindische politische Spielchen zu spielen“.
Der Chef der Republikaner im Repräsentantenhaus, Mike Johnson, verteidigte das Vorgehen seiner Kollegen am Mittwoch. Man sei verzweifelt ob der Situation an der Grenze zu Mexiko, meinte Johnson. Tatsächlich: Die Zahl der Menschen, die in Bidens Amtszeit über den Süden ins Land kamen, ist hoch, und die Millionen, die es ins Land schaffen, landen meist in Asylverfahren vor Gericht. Selbst unter Demokraten herrscht die Meinung, dass es strengere Einwanderungsregeln braucht. Gouverneure aus dem Süden der USA schicken Migranten mittlerweile in beinahe theatralischen Einlagen in andere Bundesstaaten – etwa in die Stadt Chicago in Illinois, wo im Sommer die demokratische Nationalversammlung stattfinden wird. Die Republikaner hoffen darauf, dass die Fernsehkameras der Nation dort Bilder von unzähligen Menschen in Armut und Verzweiflung einfangen werden.
Biden steht hingegen vor einer ganz praktischen Herausforderung. Seine Regierung ist durchaus willens, die Einwanderungsregeln zu verschärfen. Erst jüngst bot das Weiße Haus dem Kongress die wohl härteste Migrationspolitik an, die die USA je gesehen haben – in einem verzweifelten Versuch, den Republikanern ein Ja zu mehr Geld für die Verteidigung der Ukraine im Krieg gegen Russland abzugewinnen.
Doch es blieb beim republikanischen Nein. Das Migrationsthema ist für die Partei zu wahlkampftauglich, um echte Versprechen einzulösen. Beobachter rechnen damit, dass Biden vor der Wahl per Erlass in den Streit um die Grenze einschreiten wird.