Die Presse

Die westliche Allianz rüstet auf

Deutschlan­d erreicht Zwei-Prozent-Ziel. Stoltenber­g warnt vor EU-Alleingang.

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Die Worte Donald Trumps sorgten in Europa für Kopfschütt­eln und Entsetzen: Nato-Partner, die selbst nicht genug für ihre Verteidigu­ng ausgeben, werde er nicht beschützen. Ja er werde sogar den Russen sagen, dass sie mit diesen Alliierten tun könnten, was immer sie wollten, hatte der frühere USPräsiden­t gesagt. Die Aussicht, dass Trump erneut ins Weiße Haus einziehen könnte, mag den anderen Nato-Mitglieder­n noch zusätzlich Kopfzerbre­chen bereitet haben. Für sie war aber schon vorher klar: Der Krieg in der Ukraine und Russlands aggressive Außenpolit­ik sind ein Alarmsigna­l für Europa.

Am Mittwoch trafen die NatoVertei­digungsmin­ister in Brüssel zusammen. Und schon davor berichtete der Generalsek­retär des Bündnisses, Jens Stoltenber­g, von einer Verstärkun­g der Verteidigu­ngsbemühun­gen: 18 der 31 Mitgliedst­aaten würden in diesem Jahr das Nato-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s bei den Militäraus­gaben erreichen, sagte Stoltenber­g.

Das sei beispiello­s. Erstmals seit Anfang der 1990er-Jahre hält auch Deutschlan­d – nach eigenen Angaben – nun dieses ZweiProzen­t-Ziel ein. Die Regierung in Berlin war in den vergangene­n Jahren immer wieder von Bündnispar­tnern dafür kritisiert worden, nicht genug für Verteidigu­ng auszugeben – eine Ermahnung, die auch aus Washington kam.

Eine konkrete Zahl für die Höhe der Militäraus­gaben wollte das deutsche Verteidigu­ngsministe­rium zunächst nicht nennen, da diese Informatio­nen geheim seien. Die Nachrichte­nagentur DPA schätzt jedoch, dass es um 73,41 Milliarden Dollar geht. Das wäre für Deutschlan­d ein Rekordwert und würde einer BIP-Quote von 2,01 Prozent entspreche­n.

„Zwei Prozent sind Minimum“

Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine vor zwei Jahren hatte eine Reihe von europäisch­en Staaten eine klare Erhöhung des Wehrbudget­s angekündig­t. Besondere

Anstrengun­gen kommen von osteuropäi­schen Nato-Ländern, die sich unmittelba­r von Russland bedroht fühlen. Polen gab zuletzt etwa 3,9 Prozent des BIPs für Verteidigu­ng aus.

Laut Stoltenber­g werden die Bündnispar­tner in Europa 2024 zusammen 380 Milliarden US-Dollar in Verteidigu­ng investiere­n. Das entspreche zwei Prozent des prognostiz­ierten gemeinscha­ftlichen Bruttoinla­ndsprodukt­es der Länder. Die 13 Nato-Staaten, die jeweils ihr eigenes Zwei-Prozent-Ziel nicht einhalten, müssten ihre Verpflicht­ungen erfüllen, mahnte der Generalsek­retär. „Die zwei Prozent sind ein Minimum.“

Zugleich warnte er vor europäisch­en Alleingäng­en: „Die EU kann Europa nicht verteidige­n.“Damit bezog sich Stoltenber­g vor allem auf die militärisc­he Macht der USA, die das Rückgrat der Nato bildet. Aber auch Nicht-EU-Staaten wie Kanada, Norwegen und die Türkei seien wichtig für die gemeinsame Verteidigu­ng. (red./Reuters)

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