Die Presse

Das Unbehagen vor der neuen Wiener Eiszeit

Die Vienna Capitals verpassen erstmals seit 2004 die Eishockey-Playoffs. Wie geht es ohne Hans Schmid weiter?

- STOSS VON MARKKU DATLER E-Mails an: markku.datler@diepresse.com

Es war nach oft verhaltene­m Spiel, vielen Verletzung­en, manch Legionär-Enttäuschu­ng und eigentlich nach dem Gesetz jeder Serie, die irgendwann im Profisport reißen muss, in dieser Saison eigentlich vorhersehb­ar: Die Vienna Capitals verpassen erstmals seit 20 Jahren die Playoffs der ICE-Liga. Das steht nach dem beklemmend­en 0:3 in Laibach vorzeitig fest. Damit endet Österreich­s längste Play-off-Serie und, auch das ist kaum vorstellba­r, nur noch drei Runden stehen nun für den Wiener Klub an – und dann wird alles anders in Kagran. Wird es allerdings besser?

Mit bewunderns­werter Akribie, Passion und noch viel mehr Geld hat der Werbeprofi Hans Schmid aus diesem Klub einen Publikumsm­agneten gemacht in seiner Ära, die jetzt nach 21 Jahren zu Ende gehen wird. Eishockey wurde in dieser Zeit wieder salonfähig in Kagran, die politisch-peinlichen Wirren rund um den Vorgänger WEV waren auf Eis gelegt. Ein Villacher formte in Wien Donaustadt aus einem in Schulden und Selbstmitl­eid erstickend­en Klub Visionäres mit einer neuen Halle, landesweit beachteter Nachwuchsa­rbeit (bis in die U6) und funktionie­rendem Profibetri­eb.

Die Capitals waren 2005 und 2017 Meister, erreichten sechs Mal das Halbfinale, Wien spielte sogar in der Champions League. Das Potenzial auf dem Eis war immer da, trotz oder dank der Heerschar namenslose­r Legionäre, die kamen, gingen und heimischen Talenten etwas weitergabe­n, Fans von Puck-Kunst schwärmen ließen oder allen ob ihrer „Cash-only-Mentality“als abschrecke­ndes Beispiel dienten.

Mitunter kosteten Schmid ein lahmer Crack, ein tapsig-patscherte­r Verbandsfu­nktionär, die härter werdende Sponsorens­uche oder die Last des in Österreich einzigarti­gen „Sportgrosc­hens“(zehn Prozent aller Ticketeinn­ahmen wandern an die Stadt) zu viele Nerven. Der Unternehme­r, ob Kaufhaus, Werbung oder Winzer, drängte dennoch zwei Jahrzehnte lang alles mit Charme und Ellbogen zielsicher an die Bande.

Jetzt rumort es, wartet man – aus Respekt vor Schmids Entscheidu­ng schweigend – auf die Verkündung, wie und unter welcher Führung es weitergehe­n soll. Das Kapital der Capitals stellt dann ein anderer, Namen und Bündnisse hört man schon. Nur ist alles denn bereits unterschri­eben? Und gar verblendet wäre es, würden Nachfolger allein auf ausgelobte Hilfe der Politik setzen. In Wien braucht es immer Brief und Siegel, ehe im Sport der Groschen fällt.

Am 23. Februar endet Schmids Ära, mit einem Spiel gegen den VSV. Dann beginnt eine neue Eiszeit in Kagran. Die Lichter gehen dort sicher nicht aus, nur an der Impression des nächsten Feuerwerks bestehen durchaus Zweifel.

Die Playoffs erstmals seit 20 Jahren verpasst, Präsident Hans Schmid geht: Die Vienna Capitals stehen vor einem Neustart.

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