Die Presse

Der langsame Fall einer ukrainisch­en Bastion

Kampferpro­bte Sturmbriga­de soll russisches Vordringen bei Awdijiwka stoppen. Zuvor kündigte Kiew einen Teilabzug an.

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Die Ukraine wirft weitere Reserven die Schlacht um die ostukraini­sche Stadt Awdijiwka. Die gefechtser­probte Dritte Sturmbriga­de, die in Teilen aus Kämpfern des früheren Asow-Regiments besteht, wurde zur Unterstütz­ung vorhandene­r Einheiten in die weitgehend zerstörte Stadt abkommandi­ert. In ihrem Telegram-Kanal beschreibt die Brigade die Lage vor Ort als „äußerst kritisch“, die russische Übermacht sei erdrückend. Awdijiwka sei die „Hölle“.

Das russische Militär dürfte seinem Ziel der Eroberung der vor dem Krieg 30.000 Einwohner zählenden Industries­tadt immer näher kommen. Die ukrainisch­en Verbände sind von drei Seiten umstellt. Am Donnerstag wurde offenbar die Hauptverso­rgungsrout­e nach Westen vom Norden her unterbroch­en. Die Ukraine kündigte daraufhin einen Teilabzug ihrer Soldaten an, um neue Verteidigu­ngspositio­nen beziehen zu können. Russische Verbände sollen mittlerwei­le nicht nur mit Infanterie, sondern auch mit mechanisie­rten Verbänden in die Stadt eingedrung­en sein.

Neue Städte könnten ins Visier rücken

Awdijiwka ist als Vorort von Donezk für beide Seiten von Bedeutung. Kiew sicherte sich so den Zugriff auf Donezk. Eine russische Eroberung würde bedeuten, dass der Krieg an andere große ukrainisch­e Städte im Donbass wie Kostjantyn­iwka oder den Militär-Hub Kramatorsk heranrückt. Zudem könnte Moskau die verlustrei­che Einnahme als „Siegeszug“im Donbass hochstilis­ieren.

Das Festhalten an der Siedlung ist – wie schon im Fall Bachmuts – in der Ukraine nicht unumstritt­en, da es neben der Ermattung des Gegners zu hohen eigenen Verlusten führt. Der lange Verbleib in Bachmut wird gemeinhin dem damaligen Bodentrupp­en-Kommandant­en Oleksandr Syrskij zugeschrie­ben, der in der Vorwoche zum neuen Armeechef ernannt wurde. (som)

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