EU-Kommission sieht Influencer als Vertreter
Nur drei Prozent der von der EU-Kommission untersuchten Online-Persönlichkeiten veröffentlichen nicht kommerzielle Inhalte.
Spontaner Ausdruck persönlicher Vorlieben oder kühl kalkulierte kommerzielle Schaltung? Dieser Frage ist die EU-Kommission im Zusammenhang mit Influencern in sozialen Medien nachgegangen. Im Zuge der Enquete nahm die Behörde gemeinsam mit nationalen Konsumentenschutzbehörden in 22 EU-Mitgliedstaaten (darunter Österreich) sowie in Norwegen und Island die Onlinebeiträge von Personen unter die Lupe, die mit der Zurschaustellung ihres Lebensstils im Internet reüssieren. Das Ergebnis der Untersuchung wurde am Mittwoch veröffentlicht – und lässt den Schluss zu, dass es sich bei den meisten Influencern um Handlungsreisende in eigener Sache handelt.
97 % Werbung, 20 % Offenlegung
Von den insgesamt 576 Influencern allerlei Geschlechts, die unter die Lupe genommen wurden, veröffentlichten 97 Prozent Post mit kommerziellen Inhalten. Dass es sich bei den Beiträgen auf Instagram, TikTok, YouTube, Facebook, X, Snapchat und Twitch um bezahlte Werbeeinschaltungen handelt, legte allerdings nur jede fünfte Online-Persönlichkeit systematisch offen. Diese Diskrepanz dürfte mit der Tatsache zu tun haben, dass lediglich 36 Prozent der untersuchten Influencer in den untersuchten Ländern als Händler registriert waren, aber zugleich knapp 80 Prozent der untersuchten Personen eine gewerbliche Tätigkeit ausübten. Anders ausgedrückt: Die Geschäftspraktiken von knapp jedem zweiten Social-Media-Schausteller finden in einer Grauzone statt. Folglich wurden 358 Influencer von der Kommission für weitere Untersuchungen vorgemerkt.
Weiters machten nur drei von zehn untersuchten Personen Angaben zu den beworbenen Unternehmen, während 40 Prozent der Influencer ihre eigenen Produkte oder Dienstleistungen bewarben – wobei selbst in diesem Fall nur vier von zehn Online-Vertretern ihren Followern die kommerziellen Eigeninteressen konsequent offenlegten.
Untersucht wurden in erster Linie Beiträge, die Mode, Lifestyle, Kosmetik, Lebensmittel, Reisen und Fitness zum Inhalt hatten. Dass es den Influencern oft nicht primär um die Gesundheit ihrer Zuseher geht, lässt sich auch an der Tatsache ermessen, dass laut Kommissionsangaben von den 576 überprüften Online-Kleinstunternehmern 119 in ihren Posts ungesunde Lebensweisen bzw. potenziell gefährliche Aktivitäten propagierten – etwa Alkohol, Junkfood, Glücksspiel, medizinische Behandlungen oder Spekulation mit Kryptowährungen. 82 der unter die Lupe genommenen Influencer hatten mehr als eine Million Follower, weitere 301 lagen im sechsstelligen Follower-Bereich.
Wie groß der Markt für Influencer ist, lässt sich schwer schätzen – die Tätigkeit kann aber durchaus lukrativ sein. Nach einer Untersuchung des US-Branchenportals Hype Auditor verdient der durchschnittliche Influencer im sozialen Netzwerk Instagram umgerechnet knapp 2800 Euro pro Monat. Am meisten zu verdienen gibt es demnach im Beauty-Segment.