Zadić: Erst die Kinder, dann die Ehe
Die Justizministerin erklärte, dass die Reform des Eherechts erst angegangen werde, wenn das Kindschaftsrecht novelliert wurde. Viel Zeit bleibt dann in dieser Legislaturperiode aber nicht mehr.
Wien. Eine „Weiterentwicklung des Familienund Eherechts, um es anwendungsorientierter an die heutigen gesellschaftlichen Lebensrealitäten anzupassen“, verspricht das türkis-grüne Regierungsprogramm. Die Rede ist darin auch ausdrücklich vom „Herausarbeiten von Unterschieden zwischen dem Institut der Ehe und der Eingetragenen Partnerschaft als alternativem Modell“. Viel davon hat man aber bisher nicht gehört und spätestens im September wird schon wieder neu gewählt. Was wurde also aus dem Projekt Eherechtsreform und was könnte die Novelle inhaltlich bringen?
Der aktuelle Stand
„Es wurden erste Vorarbeiten für eine solche Reform geleistet, die angesichts der Wichtigkeit dieses Themas und der verfügbaren Kapazitäten entsprechend stetig fortgeführt werden“, erklärte die grüne Justizministerin, Alma Zadić, nun, ohne konkret zu werden. Schon bemerkenswerter ist ein anderer Satz der Grünen-Politikerin, mit dem sie auf eine parlamentarische Anfrage des SPÖ-Abgeordneten Mario Lindner antwortete. „Sobald die anstehende Reform des Kindschaftsrechts abgeschlossen ist, soll auch an einem konkreten Gesetzesentwurf, mit dem das Eheund Partnerschaftsrecht geändert werden soll, gearbeitet werden.“
Und was würde die Novelle inhaltlich bringen? „Mit der Reform sollen insbesondere bestehende Regelungen wie etwa zum Zweck der Ehe, der Mitwirkungspflichten oder des gemeinsamen Wohnens evaluiert und gegebenenfalls neu gefasst werden“, erklärte Zadić. Dabei stünden „Grundsätze wie Schutz der Kinder, Schutz der schwächeren Partnerin beziehungsweise des schwächeren Partners, Vermeidung verletzender Auseinandersetzungen und alle Formen des Zusammenlebens im Mittelpunkt der Überlegungen“. Überdies solle „ein Nebeneinander von nahezu identen Rechtsinstitutionen wie Ehe und Eingetragene Partnerschaft jedenfalls hinterfragt werden“.
Das Eherecht
Realistischerweise bedeuten Zadićs Worte das Ende der Eherechtsreform in dieser Legislaturperiode. Denn das Thema ist politisch komplex, man denke nur an die im Regierungsprogramm auch angesprochene Frage, inwieweit das Verschuldensprinzip bei der Scheidung aufrechterhalten bleiben soll. Oder ob unabhängig vom Verschulden am Ende der Beziehung der schwächere Partner Unterhalt bekommen soll. Dass man dieses schwierige Thema innerhalb weniger Monate politisch ausverhandelt ist nahezu ausgeschlossen.
Auch die Frage, ob man die Ehe beziehungsweise Eingetragene Partnerschaft tatsächlich stärker ausdifferenziert (strengere Ehe, liberalere Eingetragene Partnerschaft nach französischem Vorbild?), ist keine einfache. Die Eingetragene Partnerschaft könnte in Zeiten der Ehe für alle – ursprünglich gab es die Eingetragene Partnerschaft nur für gleichgeschlechtliche Paare, die Ehe nur zwischen Mann und Frau – auch ganz beseitigt werden. Aber das will durchdacht sein. Und abseits der dahinter stehenden politischen Fragen kommt hinzu, dass auf Fachebene dieselben Leute für die Kindschafts- und die Ehereform zuständig sind, wodurch bei letzterem Thema bisher wenig weiterging.
Und auch auf die Kindschaftsreform muss man sich erst einmal einigen. Diese ist ebenso ein ideologisch strittiges Thema, man denke nur an die Regeln für Doppelresidenzen für Kinder von getrennten Eltern. Man gewann aber in den vergangenen Monaten den Eindruck, dass die schon seit Jahren debattierte Kindschaftsrechtsreform auf der Prioritätenliste der Koalition auch nicht gerade ganz oben steht.
Angedacht ist etwa, dass zusammenwohnende Paare auch ohne Trauschein automatisch das gemeinsame Sorgerecht für ihr Kind bekommen. Und der Nachwuchs bei gerichtlichen Streits der Eltern immer einen Kinderbeistand erhält. Die Grünen hätten zudem gern, dass der Staat Unterhaltsvorschuss auch dann leistet, wenn unklar ist, ob man das Geld vom Unterhaltsverpflichteten zurückbekommt („Unterhaltsgarantie“). Der ÖVP-nahe Familienbund wünscht sich wiederum, dass Väter auch dann den Papamonat bzw. die Väterkarenz in Anspruch nehmen können, wenn sie nicht im gemeinsamen Haushalt leben. Und die ÖVP möchte auch das Verbot der Ehe für unter 18-Jährige mit dem Kindschaftsrecht verknüpfen.
Womit wir wieder beim Eherecht wären, das laut Zadićs Worten aber erst nach der Kindschaftsrechtsreform in Angriff genommen werden soll.
Die Einigkeit
Im Regierungsprogramm haben ÖVP und Grüne viele darin beschriebene Reformen des Eherechts bewusst vage formuliert, um sich noch nicht festlegen zu müssen. Doch in einigen Punkten steht Klartext. So solle es künftig am Standesamt rechtliche Information vor der Eheschließung oder Verpartnerung geben. Und der Zerrüttungszeitraum soll verkürzt werden. Das ist jene Zeit, in der die Partner getrennt sein müssen, damit eine Scheidung möglich wird.